Kyrios Jesus.
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genetivische Verbindung, die dem Ausdruck ogohopa dvh-pco7rtov
analog wäre, vermieden ist, sondern die Zeile enthält einen deut-
lichen sachlichen Sinn. Sie meint das Wirken des gottgesandten
Erlösers. Und klar ist nun, warum der Tod als seine eigene Tat
und damit als Beweis seiner Demut erscheinen kann. Es hätte in
seiner Macht gelegen — so darf und muß man jetzt interpretieren —,
dem Tode auszuweichen, weiß doch das AT oder die an das AT
sich anknüpfende Legende von Henoch, Mose und Elia, daß sie
„den Tod nicht geschmeckt haben“1. Aber er hat auch hier diesen
Weg göttlicher Verklärung verschmäht — der Gegensatz zu dem
oi>x apTOxypov xjy/jaaTo ist jetzt auch hier zwingend — sondern ist
den Weg in die Niedrigkeit des Todes gegangen.
Aber zwischen die Gedanken der Demut und des Todes schiebt
sich noch eine letzte Bestimmung: ysvopsvop u7r/)xoop. Sie ist
formal durch die Symmetrie mit der zweiten Strophe bedingt;
wie dort sxsvcogsv im Gefolge von zwei Partizipien erscheint, von
denen das zweite ysvopsvop ist, so auch hier TraTrslvcoasv; und
auch jetzt ist das zweite ein ysvopsvop. Sachlich tritt mit dieser
Wendung ein neues Moment in den Zusammenhang des Gedichtes
ein. Wo Gehorsam ist, da ist auch ein Gesetz, dem der Gehorsame
sich beugt. Welches aber ist dieses gleichsam über dem „Menschen-
sohne“ schwebende Gesetz ? Was bisher berichtet war, entsprang
dem reinen Wüllen dieser göttlichen Gestalt, die in sich selbst die
Norm ihres eigenen Tuns war. Hier scheint ein anderes Gesetz sein
Wollen und Tun zu bestimmen. Es ist das Gesetz Gottes, daß durch
die äußerste Niedrigkeit des Todes der Weg zu der höchsten Herr-
lichkeit des Kyrios-seins führt; das lehrt diese Stelle mit aller
wünschenswerten Deutlichkeit. Aber wie ist dieses Gesetz begrün-
det ? Wohl ruht das ganze Gedicht auf der Anschauung, daß mensch-
liche Niedrigkeit die unveräußerliche Voraussetzung göttlicher
Erhöhung sei. Aber in diese allgemeine Fassung der Niedrigkeit
trägt die Niedrigkeit des Todes noch ein besonderes Moment hinein,
wenn sie als ein besonderes Zeichen der Demut hervorgehoben
werden kann. Auf doppelte Weise läßt sich diese Besonderheit
begründen. Einmal durch eine eigentümliche Auffassung des Todes,
der gleichsam ein besonderes Reich neben dem des menschlichen
Lebens bildet; davon wird gleich noch die Rede sein. Sodann
in unmittelbarer Ergänzung hierzu, durch eine eigentümliche Be-
1 Vgl. meinen Aufsatz: Die Verklärung Jesu nach dem Markusevan-
gelium (ZNTW 1922, 188 ff.).
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genetivische Verbindung, die dem Ausdruck ogohopa dvh-pco7rtov
analog wäre, vermieden ist, sondern die Zeile enthält einen deut-
lichen sachlichen Sinn. Sie meint das Wirken des gottgesandten
Erlösers. Und klar ist nun, warum der Tod als seine eigene Tat
und damit als Beweis seiner Demut erscheinen kann. Es hätte in
seiner Macht gelegen — so darf und muß man jetzt interpretieren —,
dem Tode auszuweichen, weiß doch das AT oder die an das AT
sich anknüpfende Legende von Henoch, Mose und Elia, daß sie
„den Tod nicht geschmeckt haben“1. Aber er hat auch hier diesen
Weg göttlicher Verklärung verschmäht — der Gegensatz zu dem
oi>x apTOxypov xjy/jaaTo ist jetzt auch hier zwingend — sondern ist
den Weg in die Niedrigkeit des Todes gegangen.
Aber zwischen die Gedanken der Demut und des Todes schiebt
sich noch eine letzte Bestimmung: ysvopsvop u7r/)xoop. Sie ist
formal durch die Symmetrie mit der zweiten Strophe bedingt;
wie dort sxsvcogsv im Gefolge von zwei Partizipien erscheint, von
denen das zweite ysvopsvop ist, so auch hier TraTrslvcoasv; und
auch jetzt ist das zweite ein ysvopsvop. Sachlich tritt mit dieser
Wendung ein neues Moment in den Zusammenhang des Gedichtes
ein. Wo Gehorsam ist, da ist auch ein Gesetz, dem der Gehorsame
sich beugt. Welches aber ist dieses gleichsam über dem „Menschen-
sohne“ schwebende Gesetz ? Was bisher berichtet war, entsprang
dem reinen Wüllen dieser göttlichen Gestalt, die in sich selbst die
Norm ihres eigenen Tuns war. Hier scheint ein anderes Gesetz sein
Wollen und Tun zu bestimmen. Es ist das Gesetz Gottes, daß durch
die äußerste Niedrigkeit des Todes der Weg zu der höchsten Herr-
lichkeit des Kyrios-seins führt; das lehrt diese Stelle mit aller
wünschenswerten Deutlichkeit. Aber wie ist dieses Gesetz begrün-
det ? Wohl ruht das ganze Gedicht auf der Anschauung, daß mensch-
liche Niedrigkeit die unveräußerliche Voraussetzung göttlicher
Erhöhung sei. Aber in diese allgemeine Fassung der Niedrigkeit
trägt die Niedrigkeit des Todes noch ein besonderes Moment hinein,
wenn sie als ein besonderes Zeichen der Demut hervorgehoben
werden kann. Auf doppelte Weise läßt sich diese Besonderheit
begründen. Einmal durch eine eigentümliche Auffassung des Todes,
der gleichsam ein besonderes Reich neben dem des menschlichen
Lebens bildet; davon wird gleich noch die Rede sein. Sodann
in unmittelbarer Ergänzung hierzu, durch eine eigentümliche Be-
1 Vgl. meinen Aufsatz: Die Verklärung Jesu nach dem Markusevan-
gelium (ZNTW 1922, 188 ff.).