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Goldschmidt, Richard H.; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1927/28, 6. Abhandlung): Postulat der Farbwandelspiele — Heidelberg, 1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.38940#0006
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R. H. Goldschmidt:

ihm eigenen gedanklichen Zusammenhang bleibt, und nicht vorbei-
redend aus seiner Gedankenebene fällt, vielmehr eine jede Weiser-
Richtung richtig im Schnitt genau mit dieser Gedankenebene selbst
erfaßt. Zudem ist jedwedes Auf weisbare durch seine Weiser-
Richtung in jegliche Gedanken-Ebene projizierbar, sonach in
einer jeden gerade betrachteten Gedanken-Ebene als ein zugleich
Mitaufweisbares (irgendwie, etwa mit positiver, negativer oder
indifferenter Bedeutung) einbeziehbar, im besonderen auch in allen
einzelnen Gedankenzusammenhängen über Wirklichkeitsgescheh-
nisse. Es lassen sich beispielsweise in ein Bereich von Gedanken
über Zusammenhänge des wirklich Erlebten Aufweisungen auch
dann, etwa als erlebnis-weckende, als lebenswichtige, einbeziehen,
wenn die Richtungsziele ihrer Weiser außerhalb des wirklich erleb-
baren Seins sich befinden, und, wie Ideale, wie das Schöne, Wahre
und Gute, wie das Aufgehen im Willen Gottes, als nichtreal und als
dem menschlichen Unvermögen nichtrealisierbar erkannt werden.
(Vgl. 24, S. 87—89).
Im besondern ist es von vornherein durchaus denkbar, daß
ein Farbwandelspiel-Postulat den Sinn und den Wert einer Theorie
oder doch mindestens einer Arbeitshypothese besitzt, und ent-
sprechend auch, daß Bemühungen um seine Erfüllung wenigstens
soweit von Erfolg sein werden, als zuvor noch unbekannte Farb-
eindrücke zum Erleben gebracht, also auch neue Ausdrucksmöglich-
keiten für ein künstlerisches Schaffen und Cienießen gewonnen
werden!
3. Die Arbeitshypothese setzt „Betrachtungen von Farb-
wandelspielen oder allgemein-postulierte Farbwandelerlebnisse“ zu
„einzelnen wohlgefälligen Farbeindrücken“, z. B. zum Anblick des
Alpenglühens, in ein gleiches oder in ein ähnliches Verhältnis, wie
„Musik“ zu „wohlgefälligen Gehörseindrücken“, z. B. zum An-
hören eines Vogelgezwitschers. Eine solche Proportionengleichung
enthält nun freilich keine mathematisch erfaßbaren Größen; dem-
nach ist das Färb wandelspiel nicht etwa als „Unbekannte“ zu
errechnen; aber es läßt sich im Sinne der Arbeitshypothese an-
nehmen, daß, in bezug auf „die allgemeine Verbreitung der Beur-
teilung“, „ein Färb wandelspiel“ zu einem „Musikwerk“ sich
ungefähr analog verhalte, wie z. B. Alpenglühen zu Vogelgezwit-
scher und wie allgemein entsprechend „Färbwandelempf äng-
lichkeit“ zu „Musikempfänglichkeit“. Entsprechend gilt
ungefähr Analoges einerseits für die Musik überhaupt, für das
 
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