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Rickert, Heinrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1930/31, 1. Abhandlung): Die Logik des Prädikats und das Problem der Ontologie — Heidelberg, 1930

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https://doi.org/10.11588/diglit.40152#0026
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18

Einleitung.

mindesten ihrem Hauptzweck unterordnen. Was aber ist der Haupt-
zweck ? Die Wissenschaft der Philosophie solle sich endlich wieder
dazu entschließen, von vorneherein, wie sie es zu all ihren großen
Zeiten getan, an die „Sachen selbst“ zu gehen. Die neue Sach-
lichkeit oder die „Wendung zum Objekt“, wie man auch sagte, be-
deutete in diesem Falle, man solle, ohne viel methodisch zu grübeln,
sogleich die Erkenntnis des „Seins der Welt“ oder des „Seienden
überhaupt“ oder der „wahren Wirklichkeit“ in Angriff nehmen.
Derartige Bestrebungen haben sich dann heute dahin zugespitzt,
daß man hören kann, es sei mit der Erkenntnistheorie als philo-
sophischer Grundwissenschaft endgültig vorbei, und an ihre Stelle
müsse als wissenschaftliches Fundament der Philosophie wieder
eine Ontologie oder eine Metaphysik treten1.
Was ist hierzu zu sagen ? Wir müssen zwei Seiten der Sache
auseinanderhalten.
Insofern sich solche Gedanken beim Philosophieren mit keiner
Partikularität begnügen, sondern von vorneherein auf das Welt-
ganze gehen wollen, sind sie gewiß freudig zu begrüßen. Die
Philosophie darf, falls sie ihren Namen verdienen soll, als letztes
Ziel sich in der Tat keine andere Aufgabe stellen, als das Sein der
Welt in seiner Totalität oder das „Seiende überhaupt“ zu begreifen,
also „Ontologie“, d. h. Lehre vom „Seienden“ zu werden, und man
kann nur zufrieden damit sein, wenn von möglichst vielen ver-
schiedenen Seiten immer wieder auf diese gemeinsame Aufgabe
aller echten Philosophen hingewiesen wird.
Ja man müßte es bedauern, falls die recht haben sollten, die
meinen, das Schlagwort von der „Wendung zum Objekt“ sei nun
auch bereits dem Schicksal aller Modeworte, schnell zu veralten,
verfallen und durch eine „Wendung zum Menschen“ ersetzt. Das
Allerneueste — wie lange ? —- sei also die Philosophie als Anthro-
pologie. Ganz abgesehen davon, daß darin ja bereits wieder der
noch kürzlich so heftig bekämpfte „Subjektivismus“ stecken würde
(denn der Mensch bleibt doch unter allen Umständen auch ein
Ich-Subjekt), kann der Mensch für sich allein nie als eigentlicher
Gegenstand der Philosophie genügen2. Höchstens der Mensch in
1 Ebenso wie die Termini Logik und Erkenntnistheorie brauchen wir
auch die Ausdrücke Ontologie und Metaphysik vorläufig als gleichbedeutend.
Die Trennung, die nötig ist, wird sich später ergeben.
2 Wer seit nahezu einem halben Jahrhundert die philosophischen „Zeit-
bewegungen“ verfolgt, wird solche Schlagworte wie „Wendung zum Objekt“
 
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