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Rickert, Heinrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1930/31, 1. Abhandlung): Die Logik des Prädikats und das Problem der Ontologie — Heidelberg, 1930

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https://doi.org/10.11588/diglit.40152#0068
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Erster logischer Teil.

wegen meist nur von Subjekt und Prädikat. Dabei mußten wir
jedoch stillschweigend voraussetzen, daß diese beiden Faktoren
durch etwas Drittes miteinander verbunden sind. Muß dieses
„Band“ nicht als etwas angesehen werden, was der Zweiheit von
Subjekt und Prädikat gegenüber Selbständigkeit besitzt und aus
ihr eine Dreiheit macht ?
Wir sind gewohnt, den dritten Bestandteil, der Subjekt und
Prädikat miteinander verbindet, die „Copula“ zu nennen, und sie
ist es, die wir bei dem vollentwickelten Satz ebenfalls ausdrücklich
sprachlich zu bezeichnen haben. Den Satz „Feuer brennt“ werden
wir z. B. so umwandeln, daß er lautet: „Feuer ist brennend“. In
der Begel dürfte, aus Gründen, die uns später beschäftigen werden,
das Wort „ist“ zur Bezeichnung der Copula geeignet sein. Die
Hauptsache ist: es ändert, wenn es erst hinzugefügt wird, den
Sinn nicht, lenkt aber unsere Aufmerksamkeit von vorneherein auf
die Frage, ob die grammatische Copula auch von logischer Belevanz
ist, ja, was die Copula als „Band“ eigentlich logisch leistet. Der
Ausdruck Band hat hier doch eine übertragene, bildliche Bedeutung.
Wir haben von vorneherein gewiß Grund, anzunehmen, daß
die Copula auch logisch den Bestandteil des wahren Sinngebildes
abgibt, der das logische Subjekt mit dem logischen Prädikat im
Sinngebilde „verbindet“. Dieser Umstand ist aber für uns zu-
gleich insofern interessant, als es sich bei der Verbindung um eine
besondere Bedeutung des Wortes „sein“ handelt. Darauf kommen
wir bei der Frage nach der logischen Struktur des wahren Sinnes
später zurück. An dieser Stelle müssen wir nur sogleich daran
denken, daß das Wort „Verbinden“ eine eigentümliche Bedeutung
bekommt, falls die Verbindung durch die Copula „ist“ hergestellt
wird. Darauf müssen wir von vorneherein achten.
Schon grammatisch verbindet die Copula nur so, daß sie zu-
gleich trennt, und beides gehört notwendig zu ihrer Funktion.
Sie tritt in der Regel zwischen zwei Worte, die nebeneinander
stehen, und sie macht gerade dadurch einen wahren „Satz“ aus
ihnen. In dem sprachlichen Gebilde „das grüne Blatt“ z. B. sind
grün und Blatt noch nicht durch die Copula getrennt, und diese
Wortverbindung bringt auch noch keinen theoretisch differenten
Sinn zum Ausdruck. Setzen wir jedoch zwischen beide Worte als
drittes das Wort für die Copula, d. h. bilden wir den Satz: „das
Blatt ist grün“, dann ist „Blatt“ zum Subjekt und „grün“ in un-
zweideutiger Weise zum Prädikat geworden, und dann erst haben
 
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