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Rickert, Heinrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1930/31, 1. Abhandlung): Die Logik des Prädikats und das Problem der Ontologie — Heidelberg, 1930

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https://doi.org/10.11588/diglit.40152#0077
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II. Der Aussagesatz und die logische Synthese des Einen u. des Andern. 69
licher Ausdruck zum grammatischen Subjekt etwas Neues hinzu-
fügen, also mit ihm ein Prädikat verbinden müßte, das dann noch
nicht implicite in dem Subjektswort steckte, wäre offenbar viel
geeigneter, das Wesen der logischen Struktur des wahren Sinn-
gebildes erkennen zu lassen. In diesem ersten Falle also scheiden die
analytischen Sätze für uns zugunsten der ursprünglichen logischen
Synthesen, die sie als wahr voraussetzen, sicher aus.
Beruht dagegen ihre Wahrheit nicht auf einer vorausgesetzten
wahren Synthese, dann kommt ihnen überhaupt kein wahrer Er-
kenntnissinn zu, sondern dann enthalten sie lediglich eine „No-
minal-Definition“, d. h. ihr logischer Gehalt läßt sich dann darauf
zurückführen, daß sie einen Teil der Namenerklärung des Begriffes,
unter den das Subjekt fällt, eventuell auch die ganze vorausgesetzte
Namenerklärung, noch einmal in der Form ,,a ist a“ zum Ausdruck
bringen. Dann scheiden sie aus dem schon früher angegebenen
Grunde also vollends als für uns unbrauchbar aus.
Wichtig bleibt an solchen analytischen oder identischen Sätzen
auch für uns trotzdem der Umstand, daß ein Wort, welches in
einem Satz nur als Bezeichnung für das Sub j ekt des Satzes vor-
kommt, schon die logische Bedeutung eines Prädikats haben
kann, ehe es ausdrücklich als grammatisches Prädikat auf-
getreten ist. Diese Möglichkeit wird für uns später sehr wichtig
werden, und sie zeigt bereits hier aufs deutlichste, wie wenig davon
die Rede sein darf, daß logische und grammatische Struktur in bezug
auf die Subjekts-Prädikats-Synthese sich überall decken, sogar
wenn der Satz in dem vorher angegebenen Sinn sprachlich voll-
entwickelt ist, und wie notwendig es daher ist, die Frage zu stellen,
ob das, was als grammatisches Subjekt oder als grammatisches
Prädikat auftritt, auch als logisches Subjekt oder als logisches
Prädikat gelten kann, d. h. ob es möglich ist, das grammatische
Subjekt mit dem „Gegenstand“, der erkannt wird, und das gram-
matische Prädikat mit der Wahrheit über diesen Gegenstand in
eine logisch notwendige Verbindung zu bringen.
Nachdem wir gesehen haben, daß bei den analytischen oder
identischen Sätzen eine solche Verbindung und vollends eine
Deckung der beiden Strukturen nicht vorliegt, können wir diese
Art der Aussagen ebenso beiseite lassen wie die „Nominal-Defini-
tionen“ und die Aussagen mit atheoretischem Gehalt. Sätze, die
für uns brauchbar sein sollen, um an ihnen das Wesen des logischen
Sinnes aufzuzeigen, müssen stets etwas von etwas anderem aus-
 
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