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Rickert, Heinrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1930/31, 1. Abhandlung): Die Logik des Prädikats und das Problem der Ontologie — Heidelberg, 1930

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https://doi.org/10.11588/diglit.40152#0078
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Erster logischer Teil.

sagen. In einer solchen Synthese des Einen und des Andern
haben wir das „heterologische“ Wesen jeder Erkenntnis* 1, die eine
Wahrheit über einen Gegenstand zum Ausdruck bringt, und wenn
man das in die Formel ,,a ist b“ kleidet, darf man hierin ebensowenig
wie in der sowohl verbindenden als trennenden Copula etwa einen
„Widerspruch“ sehen, sondern muß sich klar machen, daß die
Formel garnicht den Sinn hat a und b als identisch zu erklären,
was einfach Unsinn wäre, sondern im Gegenteil zum Ausdruck
bringen will, daß der Gegenstand, der erkannt wird, etwas
anderes ist als die Wahrheit, die von ihm oder über ihn gilt.
Das mag für jede Art von „Idenditätsphilosophie“ sehr unbequem
sein, aber die Logik hat deshalb nur um so mehr Grund, diese ebenso
unbezweifelbare wie unbequeme Wahrheit hervorzuheben.
Jetzt können wir uns endlich der Frage zuwenden, in welchem
Verhältnis die grammatische Struktur des Satzes und die logische
Struktur des Sinnes dort zueinander stehen, wo die grammatische
Struktur einer Aussage so beschaffen ist, daß ihr Prädikatswort von
dem mit ihrem Subjektswort bezeichneten Objekt etwas „Neues“
aussagt, d. h. etwas anderes als das, was mit dem grammatischen
Subjektswort bereits gesagt ist, und wo außerdem für eine solche
„synthetische“ Aussage die Möglichkeit besteht, daß sie eine
theoretisch wahre Erkenntnis eines Gegenstandes gibt.

III.
Die Gliederung des einfachsten logischen Sinnes
und die Urprädikate.
Wir stehen damit vor einem neuen Problem. Bis jetzt wissen
wir nur, daß es berechtigt ist, die grammatischen Begriffe des Sub-
jekts und des Prädikats (wie auch den der Copula, der jedoch vor-
läufig noch zurücktreten soll), irgendwie in die logische Sphäre
zu übertragen, und daß insbesondere die Zweiheit oder besser
Andersheit von Erkenntnis und Gegenstand irgendwie mit der
Zweiheit oder Andersheit von Subjekt und Prädikat in mehr als
logisch zufälliger Verbindung steht. Aber wodurch Subjekt und
Prädikat sich auch dann Amneinander unterscheiden, wenn sie
nicht durch ihre Stellung im Satz ihr Wesen kund tun, sondern
1 Über den Begriff der Heterologie vgl. mein „System der Philosophie“,
I, 1921, S. 56ff.
 
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