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Rickert, Heinrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1930/31, 1. Abhandlung): Die Logik des Prädikats und das Problem der Ontologie — Heidelberg, 1930

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https://doi.org/10.11588/diglit.40152#0079
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III. Die Gliederung des einfachsten logischen Sinnes u. die Urprädikate. 71

ohne Rücksicht auf die Grammatik in nur logischer Bedeutung
genommen werden, darüber haben wir noch nichts ausmachen
können.
Allerdings steht, um es noch anders zu sagen, schon fest: dem
Subjektswort des Satzes muß in dem logischen Sinngebilde, das
der Satz zum Ausdruck bringt, irgend eine „Bedeutung“ ent-
sprechen, die Teil des wahren Sinnes ist, und dasselbe gilt von dem
Prädikatswort. Der Sinn z. B. des Satzes „Zucker ist süß“, muß,
um Wahrheit zu geben, nicht nur aus den beiden Worten, sondern
aus den beiden Wort-Bedeutungen „Zucker“ und „süß“ be-
stehen, und dann ist selbstverständlich „Zucker“ logisches Subjekt
(u7i;oxslgsvov) und „süß“ logisches Prädikat (xa T^yocpougevov).
Sehen wir aber davon ab, welche Stellung die Worte, die Bezeich-
nungen für die beiden Bedeutungen sind, im Satze haben, dürfen
wir dann noch von der einen sagen, daß sie notwendig logisches
Subjekt ist, und von der andern, daß sie notwendig zu den logischen
Prädikaten zählt ? Oder kann nicht vielmehr die Bedeutung jedes
beliebigen Wortes sowohl zum logischen Subjekt als auch zum
logischen Prädikat werden ?
Es scheint so, denn, um hei dem Beispiel zu bleiben, die Wort-
bedeutung „Zucker“ vermag in anderen Sätzen gewiß auch als
logisches Prädikat („dies ist Zucker“), und ebenso vermag die Wort-
bedeutung „süß“ eventuell auch als logisches Subjekt („Süß ist
angenehm“) aufzutreten. Man kann dies Subjekt und dies Prädikat
miteinander vertauschen. Gilt das nun etwa von allen Wort-
bedeutungen gleichmäßig, oder gibt es unter ihnen Verschieden-
heiten von der Art, daß sie die einen Bedeutungen mehr zu logischen
Subjekten, die andern mehr zu logischen Prädikaten machen, ja
daß sie vielleicht dazu zwingen, zu sagen, die eine Bedeutung könne
nur Subjekt, die andere nur Prädikat sein?
Wir sehen vorläufig keinen Weg, um diese Frage zu beant-
worten. Die grammatische Struktur auch der vollentwickelten
Sätze läßt uns hier gänzlich im Stich. Ja wir müssen es bisher
nicht nur für möglich halten, daß jedes Wort sowohl ein logisches
Subjekt als auch ein logisches Prädikat bezeichnet, sondern wir
haben bei den analytischen Sätzen sogar gesehen, daß darin schon
das Subjektswort dasselbe logische Prädikat mitbedeutet wie ein
sprachlich davon verschiedenes Prädikatswort, oder anders gesagt,
daß ein logisches Prädikat nicht nur durch das grammatische Sub-
jektswort, sondern zugleich durch ein anderes Wort, das gram-
 
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