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Rickert, Heinrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1930/31, 1. Abhandlung): Die Logik des Prädikats und das Problem der Ontologie — Heidelberg, 1930

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https://doi.org/10.11588/diglit.40152#0089
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III. Die Gliederung des einfachsten logischen Sinnes u. die Urprädikate. 81
ausdrücklich in Form eines Satzes zu geschehen, aber trotzdem
bleibt „das Wirkliche“, logisch betrachtet, immer bereits das als
wirklich Prädizierte. Schon dadurch muß klar sein, welche
Bedeutung die Lehre von diesem „primären“ Prädikat oder vom
Urprädikat „wirklich“ für jede Ontologie, insbesondere für jede
Lehre vom wirklichen Sein der Welt in ihrer Totalität besitzt.
Im Vergleich zu dem primären Prädikat „wirklich“ sind alle andern
Prädikate, die einem Gegenstand der Sinnenwelt beigelegt werden
können, als logisch „sekundäre“ Prädikate zu charakterisieren,
oder, um wieder an unser Beispiel zu erinnern: das Prädikat
„Kugel“ ist stets nur ein zweites Prädikat des Mondes, dem das
Prädikat „wirklich“ als erstes oder als Urprädikat logisch vorangeht.
Doch wir haben bisher nur das Prädikat des einfachsten
Sinngebildes in Betracht gezogen und müssen daher zunächst
weiter fragen, wie es mit dem andern Gliede, d. h. mit der Bedeutung
des Wortes „etwas“ als Subjekt in dem Satz „etwas ist wirklich“
steht. Kommt auch ihm in bezug auf die Struktur des wahren
Sinnes eine logische Sonderstellung zu, d. h. kann „etwas“ mit
seiner Bedeutung nicht nur logisches Subjekt, sondern eventuell
auch logisches Prädikat in einem Sinngebilde sein ?
Es hat mit diesem Worte und der Bedeutung, die es bezeichnet,
eine eigentümliche logische Bewandtnis. Wir wählten das Wort,
weil es der allgemeinste Ausdruck für jedes beliebige logische
Subjekt ist, oder für jeden Gegenstand, über den etwas ausgesagt
werden kann, und schon daraus geht hervor, daß dies Wort für
sich allein noch nichts aussagt, was Erkenntnis vonetwas Ande-
rem geben kann. Genauer: es bleibt unverständlich, wie mit dem
Worte „etwas“, wenn man es als Prädikat benutzen wollte, jemals
eine synthetische Erkenntnis zustande gebracht werden sollte,
die etwas von etwas anderm aussagt. Wir kommen mit einem
solchen Prädikat nie über das Subjekt hinaus. Jede Erweiterung
unserer Erkenntnis ist ausgeschlossen. Freilich können wir den
Satz bilden; etwas (a) ist etwas, oder: einem logischen Subjekt
kommt das Prädikat „etwas“ zu, aber niemand wird glauben, daß
dieser Satz eine gegenständlich wahre, synthetische Erkenntnis
enthält. Er besitzt keinen wahren Sinn von der Art, daß er als
Sinn von oder über etwas gelten kann. Er hat vielmehr denselben
logischen Sinn wie jeder andere Satz, in dem ausgesagt wird:
a ist a, oder X ist X, oder dies ist dies usw. Die Wahrheit solcher
identischen Sätze haben wir früher mit gutem Grunde von unserer
Sitzungsberichte d. Heidelb. Akad., phil.-hist. Kl. 1930/31. l.Abh.

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