204
Zweiter ontologischer Teil.
nur stets daran festzuhalten, daß ein logisches Verständnis des
Wortes „nichts“, welches die eindeutige Verwendung dieses Aus-
druckes in wissenschaftlichen oder theoretischen Sätzen gestattet,
erst möglich wird, wenn wir das, was das Wort bedeuten soll, mit
der Lehre vom Prädikat „sein“ in Verbindung bringen und uns
klar machen: beim Nichts wird, falls es als Subjekt eines wahren
Satz-Sinnes auftritt, von einem Etwas geredet, für das alle uns be-
kannten Erkenntnisprädikate fehlen, das daher nur das all-
gemeinste Denkprädikat des „Seins“ überhaupt für sich übrig
behält, insofern also kein positiv bestimmbarer „Gegenstand“ der
Erkenntnis ist, ja im Sinne des „in der Welt seins“ über-
haupt nicht ist.
Man kann, um die beiden verschiedenen Arten der Verneinung
des Seins, die in dem Worte „nichts“ stecken, auch terminologisch
zu trennen, vielleicht von einem „absoluten“ und von einem „rela-
tiven“ Nichts sprechen. Das absolute Nichts fällt dann mit der
bloßen Verneinung oder dem bloßen „Nicht“ zusammen und ist
als „Etwas“ in keiner Weise zu denken. Es bedeutet ausschließlich
die Verneinung des Prädikats „sein“ und kann, so wenig wie das
Prädikat Sein überhaupt, als Subjekt eines wahren Satzes auf-
treten. Anders gesagt: wird das Wort „nichts“ in dieser allgemein-
sten Bedeutung genommen, so darf man nur sagen, es verneint
jedes Etwas. So aber wird das Wort „nichts“ sehr häufig, ja in
der Regel nicht gebraucht. Wenn man es benutzt, denkt man
dabei oft nur an das relative Nichts, und mit diesem steht es völlig
anders. Es bleibt als „Etwas“ denkbar, und seine Bedeutung, die
es als Verneinung hat, besteht nur darin, daß es „das in-der-Welt-
sein“ verneint. Es ist das Etwas, das wir zwar als „seiend“, aber
nicht als „in der Welt seiend“ zu denken haben. Wir können es das
„relative“ Nichts deshalb nennen, weil es ein Nichts nun in Bezie-
hung zum Sein in der Welt ist. Daß die beiden Begriffe des ab-
soluten und des relativen Nichts, so verstanden, nicht zusammen-
fallen, ist klar.
Doch das genügt noch immer nicht in jeder Hinsicht. Wir
haben bisher nur gezeigt, inwiefern es möglich ist, „das Nichts“
auch als Subjekt eines Satzes ohne Wi derspruch zu denken. Man
wird trotzdem noch nicht verstehen, wie das zweite, nur relative
Nichts jemals irgendeine wesentliche Bedeutung in der Philo-
sophie bekommen konnte. Wenn auch kein Widerspruch entsteht
bei dem Versuch, dies relative Nichts als „etwas“ zu denken und
Zweiter ontologischer Teil.
nur stets daran festzuhalten, daß ein logisches Verständnis des
Wortes „nichts“, welches die eindeutige Verwendung dieses Aus-
druckes in wissenschaftlichen oder theoretischen Sätzen gestattet,
erst möglich wird, wenn wir das, was das Wort bedeuten soll, mit
der Lehre vom Prädikat „sein“ in Verbindung bringen und uns
klar machen: beim Nichts wird, falls es als Subjekt eines wahren
Satz-Sinnes auftritt, von einem Etwas geredet, für das alle uns be-
kannten Erkenntnisprädikate fehlen, das daher nur das all-
gemeinste Denkprädikat des „Seins“ überhaupt für sich übrig
behält, insofern also kein positiv bestimmbarer „Gegenstand“ der
Erkenntnis ist, ja im Sinne des „in der Welt seins“ über-
haupt nicht ist.
Man kann, um die beiden verschiedenen Arten der Verneinung
des Seins, die in dem Worte „nichts“ stecken, auch terminologisch
zu trennen, vielleicht von einem „absoluten“ und von einem „rela-
tiven“ Nichts sprechen. Das absolute Nichts fällt dann mit der
bloßen Verneinung oder dem bloßen „Nicht“ zusammen und ist
als „Etwas“ in keiner Weise zu denken. Es bedeutet ausschließlich
die Verneinung des Prädikats „sein“ und kann, so wenig wie das
Prädikat Sein überhaupt, als Subjekt eines wahren Satzes auf-
treten. Anders gesagt: wird das Wort „nichts“ in dieser allgemein-
sten Bedeutung genommen, so darf man nur sagen, es verneint
jedes Etwas. So aber wird das Wort „nichts“ sehr häufig, ja in
der Regel nicht gebraucht. Wenn man es benutzt, denkt man
dabei oft nur an das relative Nichts, und mit diesem steht es völlig
anders. Es bleibt als „Etwas“ denkbar, und seine Bedeutung, die
es als Verneinung hat, besteht nur darin, daß es „das in-der-Welt-
sein“ verneint. Es ist das Etwas, das wir zwar als „seiend“, aber
nicht als „in der Welt seiend“ zu denken haben. Wir können es das
„relative“ Nichts deshalb nennen, weil es ein Nichts nun in Bezie-
hung zum Sein in der Welt ist. Daß die beiden Begriffe des ab-
soluten und des relativen Nichts, so verstanden, nicht zusammen-
fallen, ist klar.
Doch das genügt noch immer nicht in jeder Hinsicht. Wir
haben bisher nur gezeigt, inwiefern es möglich ist, „das Nichts“
auch als Subjekt eines Satzes ohne Wi derspruch zu denken. Man
wird trotzdem noch nicht verstehen, wie das zweite, nur relative
Nichts jemals irgendeine wesentliche Bedeutung in der Philo-
sophie bekommen konnte. Wenn auch kein Widerspruch entsteht
bei dem Versuch, dies relative Nichts als „etwas“ zu denken und