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Immisch, Otto; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1930/31, 3. Abhandlung): Ein Epodos des Archilochos — Heidelberg, 1930

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https://doi.org/10.11588/diglit.40154#0015
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Ein Epodcs des Archilochos

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άρρωστήματα · έχειν γάρ αύτόν καί τον πάτερα καί τον πάππον
κτλ. Erst so fügt sich das hier verwendete Motiv leicht und natür-
lich in den Epodos ein, der vermutlich auch seinerseits einen
Δυσχερής und seine Sippe treffen wollte; erst so kann der Fuchs
berechtigterweise sprechen, wie er’s in der Paraphrase tut: ούδείς
τούτων άναστάς έλέγξει σε. — Auf das Paläographische braucht
kaum hingewiesen zu werden. Neben dem Schluß-Sigma von
όρας war simpler Itazismus der Anlaß, όρας τύλην in όρας στήλην
zu verschreiben (richtiger wohl: beim Diktat zu verhören). Sehr
vergleichbar ist’s, wenn in der Geschichte 38 Ch. (44 H.) bei den
letzthin aus gleicher Quelle stammenden Worten σύ δέ τοιαύτην
τύλην εχων die, wie wir sahen, zunächst entstandene Verschreibung
τύχην beim ältesten Textzeugen der Prosafabeln überhaupt, im schön
und sorgfältig geschriebenen Par. suppl. gr. 690 (saec. XII) in der
itazistischen Entstellung erscheint: σύ δέ τοιούτοις στοιχεΐν
έχων. Überdies will es schließlich ein netter Zufall, daß uns an
ganz anderer Stelle und in ganz anderm Zusammenhang gerade
das Wortpaar τύλην-στήλην noch einmal begegnet, zu klanglichem
Wortspiel mit einander vereint. In dem oben (S. 10) erwähnten
Epigramm des Amrnian (XI 14) klagt der Skoptiker über das
steinharte Polster, auf dem er als Gast des Proklos liegen mußte.
Gorgo (der versteinernden) oder Niobe (der versteinerten) hat es
ehedem gehört. Nicht gewebt ist es worden, mit Säge und Beil
im Steinbruch ward es hergestellt. Wäre es des Gastes letzter
Schlummer gewesen, Proklos hätte für ihn aus dem Kissen gleich
Grabsäule oder Grabhaus verfertigen lassen können: τήν τύλην
στήλην ή σορον ε’φγάσατο. Im 2. nach ehr. Jahrhunderts klangen
ja sicher υ und η noch verschieden; immerhin wird Amrnian Eta
schon wie Iota gesprochen haben, so daß ein Nebeneinander von
Tulln und Stllln wirklich als Assonanz wirkte. Wie leicht aber
konnte solches Aneinanderklingen einen spätren Schreiber ver-
wirren (insonderheit, wenn wir Diktat annehmen), dem auch
Ypsilon schon wie Iota klang und dem zufälliges Vorangehen eines
Sigma an Stelle des ungewöhnlichen Wortes τύλην das ganz ge-
läufige στήλην vortäuschte! Merkwürdig nur, was der Fehler für
Folgen gehabt hat. Maßgebend kann das für unser Urteil niemals
sein, am wenigsten bei jenen späten Prosafabulisten, bei denen
die Wirkung nicht ausbleiben kann, welche das Verwenden des
antiken Fabelschatzes im progymnasmatiseben Unterricht haben
mußte, wo u. a. auch das Neuerfinden von Fabeln zu gegebner
 
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