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Weinreich, Otto; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1930/31, 7. Abhandlung): Fabel, Aretalogie, Novelle: Beiträge zu Phädrus, Petron, Martial und Apuleius — Heidelberg, 1931

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https://doi.org/10.11588/diglit.40158#0020
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20

Otto Weinreich:

Im Verbände der Gesamthandlung der Metamorphosen läßt sich
Typus I nur dann verwerten, wenn er in abgeänderter Form auf-
genommen, wenn er zum Versuch umgebildet und als erhoffte
Lösung ausgemalt wird. Das bringt erzählungstechnisch den Vorteil
einer spannenden, dann retardierenden Handlung, die schließlich
doch noch, auf etwas anderem Wege, zum guten Ende führt.
Das Votivbild, das die Braut im Atrium anbringen will, ist ein
merkwürdiger Zug im Ganzen, den ich anhangsweise behandle.
b) Exkurs: 1. Das Votivbild für die Kettung· durch deu Esel.
2. Ein Wandbild aus Pompeji.
1. ln die religiöse Ausmalung des geplanten Dankes der Charite paßt die
VI, 29 geschilderte tabula votiva als Äußerung volkstümlicher Frömmigkeit gut
hinein. Aus irgendwelchen Gefahren gerettet, dankt man, genau wie heute in
katholischen Gegenden, durch ein Votiv, auf dem der Moment der Gefahr oder
das Bild des Retters dargestellt ist.* 1 Charite wollte sich auf dem Esel fliehend
malen lassen, wie der vom Delphin aus Seenot gerettete Arion als Delphinreiter
dargestellt wurde.2 Der verdurstende Wanderer, den ein Froschgequake zur Quelle
leitet und rettet, setzt ein Froschvotiv.3 Den Esel als Retter in der Not kennt
eine delphische Legende, und die durch sein Geschrei vor einem Hinterhalt ge-
retteten Arnbrakioten weihen einen ehernen Esel nach Delphi.4 Rouse beschreibt
S. 238f. eine Votivtafel in S. Nicolo zu Verona: in der einen Szene ist ein Mann
dargestellt auf einem Wagen, dessen Gespann durchgeht, in der zweiten steht
es mit wohlbehaltenem Mann und Wagen friedlich vor der Haustür. Charite auf
dem Esel als Votivtafelbild im Atrium ihres Hauses kann man sich vorstellen
etwa nach Analogie jener auf einem Esel thronenden Epona — oder wohl richtiger
Isis-Epona — an der Wand eines Stalles in Pompeji (vgl. Abb. I).5 Gewiß ist es üb-
licher, solche Votive in Tempeln zu weihen, aber auch das Haus' hat oft eine kleine
Kapelle oder Wandschmuck religiöser Art — man denke nur an Pompeji und

Dionysos in dieser Eigenschaft bekannt; zu Λύσιος in diesem Sinne vgl. mein
Gebet und Wunder (Genethliakon Wilhelm Schmid) 285 f. — Die Wahl der Gott-
heit aus individuellen Voraussetzungen zu verstehen, berechtigt uns eine Analogie
im Petron: der smarte Geschäftsmann Trimalchio wird schon bei Lebzeiten νέος
Έρμης, und so läßt er sich gerade im eignen Hause darstellen c. 29, dazu Kerenyi,
Teletae Mercuriales (Egyet. PhiJ. Közl. 47, 1923, 15811'.).
1 W. H. D. Rouse, Greek Votive Offerings 231 ff: A. de Marchi, II culto privato
di Roma antica 1, 271 ff. (dies von Wissowa zitiert, mir nicht zugänglich). Heinze
zu Horaz c. I, 5 Ende.
2 Rouse 228, 5.
3 AP VI, 43; Rouse 232.
4 Pausanias X, 18, 4 — natürlich eine ätiologische Legende zu einem alten
Weihgeschenk, vgl. Kalkmann, Paus. 113.
5 Annali d. Inst. 1872, Tav. D, hiernach unsere Abb. 1. S. Reinach, Reper-
toire de Peinture 104, no. 8. Zu Isis-Epona vgl. Keune, RE. VI, 237.
 
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