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Weinreich, Otto; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1930/31, 7. Abhandlung): Fabel, Aretalogie, Novelle: Beiträge zu Phädrus, Petron, Martial und Apuleius — Heidelberg, 1931

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https://doi.org/10.11588/diglit.40158#0025
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Fabel, Aretalogie, Novelle.

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Bei Phädrus ist, naturgemäß, die Geschichte mit dem happy
etid auch aus. Bei Apuleius folgt alsbald das tragische Ende. Denn
Thrasyllos, Freundschaft heuchelnd, sinnt auf Flache. Er tötet auf
der Jagd Tlepolemus, weiß es aber so einzurichten, daß es wie ein
Unfall erscheint, und wirbt um Charite. Durch eine Traum-
erscheinung des toten Gemahls aufgeklärt, gibt sie scheinbar der
Werbung des Thrasyllos nach, sticht ihm die Augen aus, tötet sich
dann im Grab ihres Gatten, und Thrasyll schließt sich dort ein,
um sich durch Hunger das Leben zu nehmen.
Ich habe nur kurz die Hauptsachen zusammengefaßt, denn so-
weit diese Novelle als tragisches Gegenstück zur Matrone von Ephesos
erscheinen kann, wird sie im 3. Kapitel dieser Arbeit herangezogen.
Wie lose dieses tragische Schicksal mit den bisher behandelten
Ereignissen zusammenhängt, mag man schon daraus entnehmen,
daß, wenn in der Literatur von der „Charite-Novelle“ die Rede ist,
immer nur diese Kapitel von Buch VIII gemeint sind.1 Ob diese
Fassung im Lukios von Patrai stand, läßt sich leicht entscheiden.
Hätte Lukian den Tod des jungen Paares -gar nicht erwähnt, könnte
man annehmen, er lasse ihn, um zu kürzen, ganz weg. So aber
gibt er eine andere Todesursache an als Apuleius, wenn auch nur
in einer knappen Anspielung, und er weiß nichts von einem früheren
Nebenbuhler des jungen Ehemanns. Auf alle Fälle lief bei Lukios
die Handlung über die Hochzeit hinaus weiter. Wer bietet nun
aber die Fassung der Vorlage, Lukian oder Apuleius? Ohne Zweifel
Lukian. Das hat aus einem genauen Vergleich der weiteren Hand-
lungsführung bei Apuleius und Lukian schon Bürger festgestellt.2
Bestätigen läßt sich das durch motivgeschichtliche Erwägungen.
Rohde a. a. 0. und Anderson, Philol. 68, 1909, 537ff., zogen bereits
die in Galatien spielende „historische Novelle“ von Kamma, Sinatos
und Sinorix heran, die in den Hauptmotiven weitgehend entspricht:
Ermordung des Mannes, Selbstmord der Frau, Vergiftung des Neben-
buhlers (bei Apuleius andere Todesart, aber vorher der Betäubungs-
trank)3. Anderson weist den Typus sogar noch im asiatischen
Märchenschatz der Neuzeit nach; auch er betont den losen Zu-
sammenhang der zweiten Charitenovelle mit der früheren Hand-
1 Rohde, Roman 3, 590. Lukas, Sokrates VII, 359. Hausrath-Marx, Grieeh.
Märchen 2, 276 ffi
2 Le Lucio Patrensi 48. Perry, Transact. and Proceed. Americ. Philol. Asso-
ciation 54, 1923, 203.
3 Näheres unten Kapitel III.
 
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