Fabel, Aretalogie, Novelle.
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zu der ihm unbekannten Wohnung der Geliebten des andern ge-
tragen. Wegen der Verwandtschaft mit dem Stil der Fabeln erwähne
ich nur noch, daß er dann, als der Freund auch eintrifft, diesem
einen ganz witzigen Dialog vorträgt, den er mit dem Maultier ge-
habt haben will. Den hat auch Malespini in der auch im übrigen
ganz entsprechenden Fassung der Ducento novelle p. II, no. 10.
Den von Jacob erwähnten Tallemant des Reaux, Historiettes II, p. 26,
kann ich nicht nachprüfen.
4. Johannes Pauli.
Schließlich noch eine Reminiszenz aus Apuleius, auf die ich
zufällig in Johannes Paulis Schimpf und Ernst gestoßen bin (c. 630
ed. J. Bolte 1924). „Franziscus Petrarcha schreibt, wie ein Junck-
frau reit uff ein Esel durch ein Walt. Sie kam an ein Wegscheid,
da sich zwen Weg teilen.“ Der Esel will auf den einen, die Jung-
frau auf den andern. So stehen und streiten sie. Der Esel will ihr
durch sein Widerstreben zeigen, daß auf ihrem Weg Räuber und
Mörder kommen (er wreiß also mehr als ein normaler Esel!). Während
sie noch am Kreuzweg stehen, kommen die Räuber und fangen sie.
„Wer sie die ander Strass gefaren und het dem Esel gefolgt, so wer
sie allem irem Leiden entrannen.“ Bolte II, S. 392 zitiert Apul.VI, 29,
aber selbst seine erstaunliche Belesenheit kann bei Petrarca die
Stelle nicht nachwreisen, was mir ebenfalls nicht gelang. Den
Apuleius hat Petrarca gekannt; er besaß eine Handschrift (Vaticanus
2193), macht aus Apuleius öfters Notizen an den Rand von Hand-
schriften anderer Autoren und zitiert ihn in eigenen Werken öfters,
allerdings meist als philosophus Platonicus.1 Im Gesamtzusammen-
hange unseres Kapitels ist mir auch die Moralisation nicht unwichtig,
die der elsässische Franziskanerprediger des 15. Jhd. aus diesem
Stückchen Apuleius-Petrarca zieht; wir stoßen wiederum auf die
göttliche Vorsehung; „Also die Fürsichtikeit Gottes wil uns ein Weg
zeigen, alß durch Widerwertikeit und durch Penitentz, durch den
wir allem Leiden und den hellischen Räuberen möchten entrinnen.
Aber wir wellen uff unser Geigen bleiben und unseren irrigen Weg
faren. Kumen wir dan in Not, so ist dy Schuld unser.“2
1 P. de Nolhac, Petrarque et l’humanisme 2 I, 114; 158; II, 99; Ullman,
Transact. and Proceed. Amer. Philol. Associat. 54, 1923, 33; 37.
2 Man kann die Petrarcastelle auf dem Weg über Apuleius’ platonische
Schriften nicht finden; denn Apuleius spricht zwar de deo Socr. 16, p. 25 Th.
von der Szene aus Platons Politeia, aber gerade das αιτία έλομενου, θεός Αναίτιος
617 Ε hat er nicht, hat es auch sonst nicht.
Sitzungsberichte der Heidelb. Akademie, phil.-bist. Kl. 1930/31. 6. Abh. 3
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zu der ihm unbekannten Wohnung der Geliebten des andern ge-
tragen. Wegen der Verwandtschaft mit dem Stil der Fabeln erwähne
ich nur noch, daß er dann, als der Freund auch eintrifft, diesem
einen ganz witzigen Dialog vorträgt, den er mit dem Maultier ge-
habt haben will. Den hat auch Malespini in der auch im übrigen
ganz entsprechenden Fassung der Ducento novelle p. II, no. 10.
Den von Jacob erwähnten Tallemant des Reaux, Historiettes II, p. 26,
kann ich nicht nachprüfen.
4. Johannes Pauli.
Schließlich noch eine Reminiszenz aus Apuleius, auf die ich
zufällig in Johannes Paulis Schimpf und Ernst gestoßen bin (c. 630
ed. J. Bolte 1924). „Franziscus Petrarcha schreibt, wie ein Junck-
frau reit uff ein Esel durch ein Walt. Sie kam an ein Wegscheid,
da sich zwen Weg teilen.“ Der Esel will auf den einen, die Jung-
frau auf den andern. So stehen und streiten sie. Der Esel will ihr
durch sein Widerstreben zeigen, daß auf ihrem Weg Räuber und
Mörder kommen (er wreiß also mehr als ein normaler Esel!). Während
sie noch am Kreuzweg stehen, kommen die Räuber und fangen sie.
„Wer sie die ander Strass gefaren und het dem Esel gefolgt, so wer
sie allem irem Leiden entrannen.“ Bolte II, S. 392 zitiert Apul.VI, 29,
aber selbst seine erstaunliche Belesenheit kann bei Petrarca die
Stelle nicht nachwreisen, was mir ebenfalls nicht gelang. Den
Apuleius hat Petrarca gekannt; er besaß eine Handschrift (Vaticanus
2193), macht aus Apuleius öfters Notizen an den Rand von Hand-
schriften anderer Autoren und zitiert ihn in eigenen Werken öfters,
allerdings meist als philosophus Platonicus.1 Im Gesamtzusammen-
hange unseres Kapitels ist mir auch die Moralisation nicht unwichtig,
die der elsässische Franziskanerprediger des 15. Jhd. aus diesem
Stückchen Apuleius-Petrarca zieht; wir stoßen wiederum auf die
göttliche Vorsehung; „Also die Fürsichtikeit Gottes wil uns ein Weg
zeigen, alß durch Widerwertikeit und durch Penitentz, durch den
wir allem Leiden und den hellischen Räuberen möchten entrinnen.
Aber wir wellen uff unser Geigen bleiben und unseren irrigen Weg
faren. Kumen wir dan in Not, so ist dy Schuld unser.“2
1 P. de Nolhac, Petrarque et l’humanisme 2 I, 114; 158; II, 99; Ullman,
Transact. and Proceed. Amer. Philol. Associat. 54, 1923, 33; 37.
2 Man kann die Petrarcastelle auf dem Weg über Apuleius’ platonische
Schriften nicht finden; denn Apuleius spricht zwar de deo Socr. 16, p. 25 Th.
von der Szene aus Platons Politeia, aber gerade das αιτία έλομενου, θεός Αναίτιος
617 Ε hat er nicht, hat es auch sonst nicht.
Sitzungsberichte der Heidelb. Akademie, phil.-bist. Kl. 1930/31. 6. Abh. 3