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Weinreich, Otto; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1930/31, 7. Abhandlung): Fabel, Aretalogie, Novelle: Beiträge zu Phädrus, Petron, Martial und Apuleius — Heidelberg, 1931

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https://doi.org/10.11588/diglit.40158#0039
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Fabel, Aretalogie, Novelle.

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hatte eine an den Strand getriebene Leiche bestattet, und als er
später zu Schiff gehen wollte, erschien ihm dieser Tote im Traum
und mahnte ab. Er reiste daraufhin nicht, und das Schiff ging
mit Mann und Maus unter. Diese von Römern und Griechen öfters
erzählte Geschichte hat in der Epigrammatik der Griechen viele
Spuren hinterlassen.1 Da mochte das Mirakel von den hilfreichen
Dioskuren auch einmal epigrammatisch formuliert gewesen sein.

B. Phädrus ΪΥ, 1 und Martial III, 91:
Die ΓΑΛΛΟΙ in Fabel und Epigramm.
Die Γάλλοι, die Priester der Großen Mutter, erfreuten sich keines
sonderlichen Rufes.2 Von hellenistischer Zeit ab fängt die Literatur
an, sich eingehender mit ihnen zu befassen, und es sind z. T. wieder
die gleichen literarischen Provinzen, in die wir geführt werden,
wie die bisher schon berührten: Fabel, Epigramm, Roman. Die
griechische Kleinkunst hohen Stils nimmt religionspsychologisches
Interesse an ihnen (darin liegt der ' ungewöhnliche R.eiz von
Kallimachos’ und Catulls Attisgedicht), das hellenistische Epigramm
greift ein aretalogisches Motiv auf und variiert es um die Wette
(Rettung eines Kybelepriesters vor einem Löwen durch den dumpfen
Laut des Tympanon).3 Die bekannten Episoden im Apuleius VIII, 24ff.
und in Lukians Όνος 35 — d. h. schon bei Lukios von Patrai —
erweisen das Interesse an realistischer Schilderung4 * ihres vagierenden
Daseins und anstößigen Verhaltens. Offenbar dachten auch die
Spießgesellen in Petrons Roman einmal daran, ihrer Geldnot dadurch
aufzuhelfen, daß sie eine Weile Rettelpriester markieren (117), wie
in seiner Verzweiflung Dionys von Syrakus (Älian v. h. IX, 8). Der
Fabel ist mehr der Esel wichtig als die Priester, der Esel, der das
Rild der Göttin zu tragen hatte. Doch bewahrt Rabrios 141, der gut
beobachtete, ein Stückchen ihres Heischelieds:
1 Stellenangaben bei Schmid I 7, 508, 5, vgl. auch A. Marx, Griech. Märchen
von dankbaren Tieren 114f. Über den Märchenstoff vom dankbaren Toten vgl.
vor allem Bolte-Poltvka, Anm. zu Grimm KHM III, 490—517, wo S. 511 auch
Simonides nicht vergessen ist.
2 Cumonts Artikel in der RE.; H. Hepding, Attis 127ff., 158ff.; H. Graillot,
Gülte de Cybele 287—319.
3 Zu dieser Epigrammreihe vgl. meine Stud. zu Martial 112, A. 55 und Gebet
und Wunder (Genethliakon W. Schmid) 218.
4 Für die Genrekunst vgl. etwa S. Reinach, Rep. de Peint. 230, no. 4, aller-
dings von umstrittener Echtheit.
 
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