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Weinreich, Otto; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1930/31, 7. Abhandlung): Fabel, Aretalogie, Novelle: Beiträge zu Phädrus, Petron, Martial und Apuleius — Heidelberg, 1931

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https://doi.org/10.11588/diglit.40158#0041
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Fabel, Aretalogie, Novelle.

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nicht anders erscheinen als ein Hohn auf seine Dummheit. Aber
der Wortlaut:
σκιρτών εμελλε τόν θεόν1 <καταρ>ρίψειν
und nachher die Rüge des Treibers
δνος εΐ θεόν φέρυυν <σύ> κού θεοΐς Ισος
weist m. Ε. doch deutlich darauf hin, daß es sich bei Babrios um
Satire auf religiösen Größenwahn, auf das Gottmenschentum
handelt.2 Einen „Hintersinn“ bei Phädrus IV, 1 anzunehmen, er-
laubt vielleicht folgende Erwägung. Das 4. Buch beginnt mit dem
Prolog des Dichters an Particulo. Dann folgt unser Eselsgedicht,
danach die Fabel von Maus und Wiesel. Diese hat eine so lange,
persönlich-prologartige Einleitung, daß sie weder an Umfang noch
Inhalt zu dieser Fabel recht stimmen will.
loculare tibi videmur: et sane levi,
dum nil habemus maius, calamo ludimus.
sed diligenter intuere lias nenias3;
quantam in pusillis utilitatem reperies!
non semper ea sunt quae videntur: decipit
frons prima multos, rara mens intellegit
quod interiore condidit cura angulo.
hoc ne locutus sine mercede existimer,
fabellam adiciam de mustela et muribus.
Der „Hintersinn“ in dieser Fabel erforderte eine solche Ein-
leitung schwerlich. Sollte sie nicht auch rückbezüglich den Leser in
versteckter Form auffordern, sich has nenias, also alle, auch das
voranstehende Gedicht, das wirklich mit einer nenia auf den toten
Esel endete, genauer anzusehen und zu entdecken, daß gerade dies
Gedicht mehr ist, als es die frons prima dartut? Was harmlose
Satire auf ein Eselslos schien, zu erkennen als sehr gewagte religiöse
Satire? Das setzt engere Verbindung zweier Gedichte im Buch
voraus, und eine solche haben wir z. B. IV, 14 (15) und 15 (16);
vgl. über sie unten; auch III, 8 und 9, beides dicta des Sokrates,
vgl. Thiele, Hermes 41, 1906, 587. Satire auf die liarioli und ihre
monstra-Lehre liegt III, 3 vor: nicht sie, sondern Äsop weiß den
wahren Grund für die menschenköpfigen Lämmer anzugeben. Der
1 Es handelt sich hier offenbar nicht um Priester der Kybele und ihr Bild.
2 Babrius hätte dann diese Spitze der äsopischen Fabel 354 Halm hinzu-
gefügt. Über deren Fortleben bis zu Lafontaine V, no. 14 vgl. Regnier in seiner
Laf.-Ausgabe I, p. 407 ff.
3 nenia für seine Gedichte gebraucht Phädrus auch 111, prol. 10.
 
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