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Brinkmann, Carl; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1931/32, 3. Abhandlung): Der Nationalismus und die deutschen Universitäten im Zeitalter der deutschen Erhebung — Heidelberg, 1932

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https://doi.org/10.11588/diglit.40161#0047
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Der Nationalismus und die deutschen Universitäten.

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von 487, 365 und 243 Thalern fürs bloße Abschreiben! Wäh-
rend hier zwölf Capitains, die im Felde Kompagnien und 1200
Thaler Gehalt gehabt, nach dem Frieden 600 Thaler bekommen
hatten, jetzt mit 400 Thalern fortgeschickt wurden, wurden gerade
zur selben Zeit, hier an demselben Orte, zwei Regierungsräte, Pur-
gold, ein alter Federfuchs, den man nie hatte brauchen können,
und Süssmilch, ein Sachse, der uns noch gar nicht gedient hatte,
mit ihrem vollen Gehalt, 1200 oder 1400 Thaler, in den Ruhestand
versetzt, und so allenthalben! .... Beim Frieden von Tilsit hatten
wir Schulden gehabt 51 Millionen. Jetzt hatten wir 217 Millionen.
Von 1807 bis 1820 in dreizehn Jahren gemacht 166 Millionen. Da-
bei war die Kontribution an Frankreich vom Lande gezahlt worden,
die Kontribution von Frankreich in die Staatskassen geflossen,
geistliche und Ordensgüter und Domänen verkauft, alle zu Gebot
stehenden Kapitalien verzehrt, die letzten jener Güter jetzt zum
Verkauf gestellt, der König um das Vermögen seines Hauses ge-
bracht — mit einem Wort, die Zukunft in allen Stücken der Gegen-
wart aufgeopfert und für die Bequemlichkeit der eben am Ruder
Sitzenden das Vermögen und die Wohlfahrt der Nachkommen
dahingegeben worden. Diese Verfahrungsart, die mehr oder weniger
in allen Staaten dieselbe war, hatte den nachteiligsten Einfluß auf
die Moralität der Völker und war ganz geeignet, weil alles von der
Gegenwart auf die Zukunft gewälzt wurde, Revolutionen vorzu-
bereiten. Es hatte sich eine europäische Geldoligarchie gebildet,
welche eigentlich die Staaten beherrschte. Durch die Macht, welche
das Geld über alle menschlichen Verhältnisse seit dreihundert
Jahren nach und nach — und vorzüglich seit den letzten dreißig
Jahren — erlangt hatte (denn seitdem war die Kunst, alles Un-
bewegliche durch Geld zu mobilisieren, aufs Höchste getrieben wor-
den), hatten sich diese Oligarchen in den Stand gesetzt, die Staaten
zu zwingen, Abgaben zu erheben, um sie ihnen zu überliefern. Nach
einer in den Zeitungen erschienenen Übersicht betrugen diese in
Europa nicht weniger als 340 Millionen preußische Thaler jährlich.“"
Selbst wenn hinter dieser Schwarzmalerei weniger Tatsachen
steckten, als in Wirklichkeit vorhanden waren87, wäre sie als
87 Die ziemlich laienhafte Kritik von Meusel a. a. O. 671 Anm. gibt
Marwitz’ Hauptargumente zu und verkennt die Wechselwirkung der Wirt-
schaftskrise von 1817 mit der Reform; die zitierte Darstellung Treitschkes
(D. G. 2, 201 ff.) von den Haushaltsverhandlungen des preußischen Staatsrats
1817 spricht mehr für Marwitz als für Meusel.
 
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