Jungfrauensohn und Krippenkind.
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tionell und nicht episch bedingt. Es läßt sich nämlich zeigen,
daß die Felsengeburt ganz ohne Zusammenhang mit den „Hirten“
dargestellt werden kann: im Hauptbild des Stiertöters, durch einen
Rahmen von der oberen Bildleiste mit den Hirten oder Tieren ge-
schieden (so 172, 192 bis, 214, 215) — oder doch wenigstens dem
Hauptbild verbundener als dem Hirten, weil tiefer stehend und zu-
dem noch durch Okeanos vom Hirten getrennt (192). In vier von
den eben genannten fünf Fällen (214 macht die Ausnahme) ist in
der oberen Bilderreihe rechts neben der Hirtenszene der Luna-
Kopf zu sehen, dem ganz links der Kopf des Sol entspricht. Die
rein kompositionelle Art der Anordnung wird nun klar, wenn man
die entsprechende Beobachtung an den zuerst angeführten Denk-
mälern macht, die für die Verbindung von Hirten und Felsgeburt
zeugen sollen (204. 194. 195. 199): dort sind Sol und Luna im Haupt-
bilde angebracht, und einzig darum findet sich die Felsgeburt in
der oberen Bilderreihe neben den Hirten. Luna und die Fels-
geburt sind also Austauschobjekte: wenn das eine Bild in
der oberen Reihe vorkommt, ist das andere im Hauptbild zu sehen
und umgekehrt1. Eine epische Verbindung zwischen Hirtenszene
und Felsgeburt besteht auf diesen neun Denkmälern sicher nicht.
Dann ist der entsprechende Schluß auch für die Fragmente von
Sarmizegetusa zu ziehen (167. 173. 174).
Als Gegeninstanz kommt einzig ein Bilderfries aus Besigheim
in Frage (Nr. 242), zu dessen Darstellung es, soviel ich weiß, keine
Analogien gibt, und der darum schwer deutbar ist. Hier ist ganz
links die Felsgeburt zu sehen, daneben steht ein Mann in phry-
gischer Mütze, der seine Rechte auf ein vor ihm. stehendes Tier
(Ziege, Schaf oder Hund) legt; die Linke ist im Mantel verborgen,
und man kann sich nach ihrer Haltung vorstellen, daß er in ihr
Früchte birgt. Zur Geburtsszene scheint er darum zu gehören, weil
er von der weiter nach rechts folgenden Szene durch einen Pfeiler
oder Baum abgetrennt ist. Er ist also nicht, wie man nach der
Kleidung zunächst vermuten möchte, mit Mithras identisch. Die
phrygische Mütze weist aber auch nicht unbedingt auf einen Hirten,
da die „Hirten“ der anderen Denkmäler nicht immer so gekleidet
sind — und so ließe sich an einen Helfer oder Begleiter des Gottes
1 Mon. Nr. 214 aus Alcsuth zeigt beide Köpfe, Luna und den dem Felsen
entsteigenden Mithras, im Hauptbild. Hier hat die obere Bildleiste für keines
der Austauschobjekte mehr ausgereicht, und so ist eine sehr gequetschte Kom-
position zustande gekommen.
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tionell und nicht episch bedingt. Es läßt sich nämlich zeigen,
daß die Felsengeburt ganz ohne Zusammenhang mit den „Hirten“
dargestellt werden kann: im Hauptbild des Stiertöters, durch einen
Rahmen von der oberen Bildleiste mit den Hirten oder Tieren ge-
schieden (so 172, 192 bis, 214, 215) — oder doch wenigstens dem
Hauptbild verbundener als dem Hirten, weil tiefer stehend und zu-
dem noch durch Okeanos vom Hirten getrennt (192). In vier von
den eben genannten fünf Fällen (214 macht die Ausnahme) ist in
der oberen Bilderreihe rechts neben der Hirtenszene der Luna-
Kopf zu sehen, dem ganz links der Kopf des Sol entspricht. Die
rein kompositionelle Art der Anordnung wird nun klar, wenn man
die entsprechende Beobachtung an den zuerst angeführten Denk-
mälern macht, die für die Verbindung von Hirten und Felsgeburt
zeugen sollen (204. 194. 195. 199): dort sind Sol und Luna im Haupt-
bilde angebracht, und einzig darum findet sich die Felsgeburt in
der oberen Bilderreihe neben den Hirten. Luna und die Fels-
geburt sind also Austauschobjekte: wenn das eine Bild in
der oberen Reihe vorkommt, ist das andere im Hauptbild zu sehen
und umgekehrt1. Eine epische Verbindung zwischen Hirtenszene
und Felsgeburt besteht auf diesen neun Denkmälern sicher nicht.
Dann ist der entsprechende Schluß auch für die Fragmente von
Sarmizegetusa zu ziehen (167. 173. 174).
Als Gegeninstanz kommt einzig ein Bilderfries aus Besigheim
in Frage (Nr. 242), zu dessen Darstellung es, soviel ich weiß, keine
Analogien gibt, und der darum schwer deutbar ist. Hier ist ganz
links die Felsgeburt zu sehen, daneben steht ein Mann in phry-
gischer Mütze, der seine Rechte auf ein vor ihm. stehendes Tier
(Ziege, Schaf oder Hund) legt; die Linke ist im Mantel verborgen,
und man kann sich nach ihrer Haltung vorstellen, daß er in ihr
Früchte birgt. Zur Geburtsszene scheint er darum zu gehören, weil
er von der weiter nach rechts folgenden Szene durch einen Pfeiler
oder Baum abgetrennt ist. Er ist also nicht, wie man nach der
Kleidung zunächst vermuten möchte, mit Mithras identisch. Die
phrygische Mütze weist aber auch nicht unbedingt auf einen Hirten,
da die „Hirten“ der anderen Denkmäler nicht immer so gekleidet
sind — und so ließe sich an einen Helfer oder Begleiter des Gottes
1 Mon. Nr. 214 aus Alcsuth zeigt beide Köpfe, Luna und den dem Felsen
entsteigenden Mithras, im Hauptbild. Hier hat die obere Bildleiste für keines
der Austauschobjekte mehr ausgereicht, und so ist eine sehr gequetschte Kom-
position zustande gekommen.