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Eduard Fraenkel:
und Verstand ist aus dem Gedichte vertrieben, wenn der Gegensatz
zwischen Horaz und Pindar, den er formuliert, indem er zugleich
den Julius anredet, und der Gegensatz zwischen Julius und Horaz
in ihren Opfern, den niemand bezweifelt, nicht auch für die Mitte
gilt, wo die Überlieferung besagt, daß Julius ein pindarisches* 1 Lied
singen wird, dem von Horaz vocis accedet bona pars’. Mit diesem
Urteil ist der Dichtertext wieder in das Recht eingesetzt, das ihm
die einseitige Begünstigung eines auswärtigen Zeugen zu rauben
suchte. Mag immer Julius Antonius eine epische Diomedie ge-
dichtet haben, Horaz weist ihm mit concines nicht ein künftiges
Epos, sondern ein lyrisches Triumphalgedicht zu. Diese grund-
legende Feststellung läßt sich noch stärker sichern.
Über plectro V. 33 hatte Buecheler sich überhaupt nicht
geäußert; Heinze jedoch sucht den hier naheliegenden Einwand
zu entkräften, indem er erklärt, das plectrum nötige keineswegs
an Lyrik zu denken. Als einzigen Beleg bringt er einen Vers aus
Ovids Metamorphosen (10, 150), wo Orpheus von sich sagt cecini
plectro graviore Gigantas; was diese Stelle für die Übertragung auf
epische Dichtung beweisen soll, vermag ich nicht zu erkennen,
Arbeit daraus zu ziehenden Folgerung sollten die kräftigen Mißgriffe nicht
irre machen, die Wilamowitz hier in vielen Einzelheiten begeht. So nimmt,
er gleich V. 49 statt des überlieferten teque dum procedis die alte Vulgatlesart
(vgl. die Anmerkungen von Lambinus und von Bentley) tuque auf und läßt
die ^Menge dem Julius huldigen’, der 'als Praetor an dem Triumphzuge teil-
nimmt’. Porphyrio sagt ganz richtig ad ipsum triumphum conversus haec dicit;
trotzdem und trotz des seit Lambinus immer wiederholten Hinweises auf
epod. 9, 21 wird der Vers wie von Han. Heinsius und Bentley auch noch
heutzutage (vgl. Vollmer) durch windige Conjecturen entstellt. Kiessling
hat zu teque das Erforderliche gesagt (auch im Kommentar von Orelli-Baiter
ist die Stelle gut behandelt) und Heinze hat dann noch den unverständigen
Einwurf entkräftet, daß in V. 53 te sich wieder an Antonius richte; man
könnte höchstens noch hinzufügen, daß ja V. 53 mit te asyndetisch ganz neu
einsetzt, während 49 mit -que eng an die in der Erwartung anticipierte Schil-
derung des Triumphes (V. 34ff., darauf zurückgreifend 45 tum) angeschlos-
sen ist.
1 Dies ist eine leichte, aber für das Verständnis des Ganzen nicht un-
gefährliche Überpointierung. Concines maiore poeta plectro fordert den Julius
zu einem lyrischen Triumphalgedicht auf, in großartigerem Stil als die operosa
carmina des Horaz; das steht da. Ferner ergibt sich aus dem vorhergehenden
(vgl. weiterhin meine Darlegungen über die Anrede), daß Julius in Beziehung
zum Pindarisieren gesetzt wird, also wird man aus maiore plectro auch noch
pindarische Haltung heraushören dürfen. Aber mit Pindarum aemulari, was
ja noch viel mehr wäre (s. unten), darf concines eqs. nicht einfach gleich-
gesetzt werden.
Eduard Fraenkel:
und Verstand ist aus dem Gedichte vertrieben, wenn der Gegensatz
zwischen Horaz und Pindar, den er formuliert, indem er zugleich
den Julius anredet, und der Gegensatz zwischen Julius und Horaz
in ihren Opfern, den niemand bezweifelt, nicht auch für die Mitte
gilt, wo die Überlieferung besagt, daß Julius ein pindarisches* 1 Lied
singen wird, dem von Horaz vocis accedet bona pars’. Mit diesem
Urteil ist der Dichtertext wieder in das Recht eingesetzt, das ihm
die einseitige Begünstigung eines auswärtigen Zeugen zu rauben
suchte. Mag immer Julius Antonius eine epische Diomedie ge-
dichtet haben, Horaz weist ihm mit concines nicht ein künftiges
Epos, sondern ein lyrisches Triumphalgedicht zu. Diese grund-
legende Feststellung läßt sich noch stärker sichern.
Über plectro V. 33 hatte Buecheler sich überhaupt nicht
geäußert; Heinze jedoch sucht den hier naheliegenden Einwand
zu entkräften, indem er erklärt, das plectrum nötige keineswegs
an Lyrik zu denken. Als einzigen Beleg bringt er einen Vers aus
Ovids Metamorphosen (10, 150), wo Orpheus von sich sagt cecini
plectro graviore Gigantas; was diese Stelle für die Übertragung auf
epische Dichtung beweisen soll, vermag ich nicht zu erkennen,
Arbeit daraus zu ziehenden Folgerung sollten die kräftigen Mißgriffe nicht
irre machen, die Wilamowitz hier in vielen Einzelheiten begeht. So nimmt,
er gleich V. 49 statt des überlieferten teque dum procedis die alte Vulgatlesart
(vgl. die Anmerkungen von Lambinus und von Bentley) tuque auf und läßt
die ^Menge dem Julius huldigen’, der 'als Praetor an dem Triumphzuge teil-
nimmt’. Porphyrio sagt ganz richtig ad ipsum triumphum conversus haec dicit;
trotzdem und trotz des seit Lambinus immer wiederholten Hinweises auf
epod. 9, 21 wird der Vers wie von Han. Heinsius und Bentley auch noch
heutzutage (vgl. Vollmer) durch windige Conjecturen entstellt. Kiessling
hat zu teque das Erforderliche gesagt (auch im Kommentar von Orelli-Baiter
ist die Stelle gut behandelt) und Heinze hat dann noch den unverständigen
Einwurf entkräftet, daß in V. 53 te sich wieder an Antonius richte; man
könnte höchstens noch hinzufügen, daß ja V. 53 mit te asyndetisch ganz neu
einsetzt, während 49 mit -que eng an die in der Erwartung anticipierte Schil-
derung des Triumphes (V. 34ff., darauf zurückgreifend 45 tum) angeschlos-
sen ist.
1 Dies ist eine leichte, aber für das Verständnis des Ganzen nicht un-
gefährliche Überpointierung. Concines maiore poeta plectro fordert den Julius
zu einem lyrischen Triumphalgedicht auf, in großartigerem Stil als die operosa
carmina des Horaz; das steht da. Ferner ergibt sich aus dem vorhergehenden
(vgl. weiterhin meine Darlegungen über die Anrede), daß Julius in Beziehung
zum Pindarisieren gesetzt wird, also wird man aus maiore plectro auch noch
pindarische Haltung heraushören dürfen. Aber mit Pindarum aemulari, was
ja noch viel mehr wäre (s. unten), darf concines eqs. nicht einfach gleich-
gesetzt werden.