Otto Immisch :
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auch X-yjg ga/ra heißen sie, die'Greifbarkeiten’ oder das jeweils daraus
'Herausgegriffene’. Es gilt nämlich, aus ihrer Zahl die ausdrucks-
vollsten auszusondern (die axpa, xaipukraTa, uzspTETagEva) und sie
organisch zusammenzufügen (xahdcTusp ev ti Gcoga). Diese zwiefache
Leistung ist’s. wofür die Sapphische Ode als Musterbeispiel dient:
oLov 7] Ea7i<pco Ta cupßalvovTa Talp spomxaiq pavlaic; Trab'TjgaTa ex tcov
7rap£7iog£vwv sxacTors XapßdvEi (er fügt hinzu : xal ex tt]c dXTjbslac
auTvjp mit jenem explikativen xal, welches unserm 'das heißt’ ent-
spricht, w’eil nämlich diese Phaenomena <p6aeL auvuroxp^Ei. xolc -pdy-
gaGi, also in Wahrheit wirklichkeitsgetreu sind).
Der dargelegte Zweck des Zitats erklärt nun sofort, warum der
Zitierende genau dort abbricht, wo die Reihe der „Sichtbarkeiten“
zu Ende ist, die allein ihn für jetzt interessiert. Daß sie wirklich zu
Ende ist, hat er sogar noch besonders markiert, dadurch daß er noch
den Anfangsvers von Strophe 5 mitteilt, demzufolge von hier ah
ersichtlich ein andrer Gedankenlauf begann. ’AXXd icav ToXpavov,
zTczi xev f) va (nach von Wilamowitz’ einleuchtender Verbesserung
für das unmetrische und mit einer Unverständlichkeit abschließende
etcs! xal 7r£v/jTa): 'Aber alles ist erduldbar, da nun einmal die Dinge
so stehen’, d. h.: 'da nun mal unsere Agallis’ -— denn auch Patons
Herstellung des unentbehrlichen Mädchennamens kann als fast
sicher gelten — 'unsern Kreis verlassen wird, um des beneidenswert
glücklichen Freiers Gattin zu werden’.
Mit dieser Auffassung, wonach erneutes Glücklichpreisen und
dazu ein Glückwünschen der vermutliche, weil naturgemäße Ab-
schluß des Liedes war, bestätigt sich dessen Zugehörigkeit zur Gat-
tung der Hochzeitslieder, was Snell äußerst einleuchtend gemacht
hat in seiner trefflichen Bearbeitung unsres Themas (Herrn. LXVI
1931, 71 ff.), zugleich mit wichtigen Folgerungen daraus. Verhält-
nismäßig unerheblich scheint mir dabei die Erledigung der alten
Streitfrage, ob laop FeoIgiv (par deo) heißen soll „so stark wie Götter“
(d. h. dem Anblick gewachsen) oder „so beglückt wie Götter“. Das
zweite ergibt sich aus der Feststellung, daß ein Makarismos in solcher
Form eins der stereotypen Elemente von Hochzeitsliedern war.
Indirekt dient ihm bei Sapplio gleichsam als argumentum e con-
trario, wie Snell bemerkte, auch die gesamte Pathologie der sehn-
süchtig Entbehrenden. —Wichtiger sind andre Seiten des Ergeb-
nisses. Erstens einmal erkennen wir von der rätselhaften Schluß-
strophe Catulls, die uns noch lebhaft beschäftigen wird, schon jetzt,
aus der Struktur des griechischen Genos heraus, sie kann unmöglich
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auch X-yjg ga/ra heißen sie, die'Greifbarkeiten’ oder das jeweils daraus
'Herausgegriffene’. Es gilt nämlich, aus ihrer Zahl die ausdrucks-
vollsten auszusondern (die axpa, xaipukraTa, uzspTETagEva) und sie
organisch zusammenzufügen (xahdcTusp ev ti Gcoga). Diese zwiefache
Leistung ist’s. wofür die Sapphische Ode als Musterbeispiel dient:
oLov 7] Ea7i<pco Ta cupßalvovTa Talp spomxaiq pavlaic; Trab'TjgaTa ex tcov
7rap£7iog£vwv sxacTors XapßdvEi (er fügt hinzu : xal ex tt]c dXTjbslac
auTvjp mit jenem explikativen xal, welches unserm 'das heißt’ ent-
spricht, w’eil nämlich diese Phaenomena <p6aeL auvuroxp^Ei. xolc -pdy-
gaGi, also in Wahrheit wirklichkeitsgetreu sind).
Der dargelegte Zweck des Zitats erklärt nun sofort, warum der
Zitierende genau dort abbricht, wo die Reihe der „Sichtbarkeiten“
zu Ende ist, die allein ihn für jetzt interessiert. Daß sie wirklich zu
Ende ist, hat er sogar noch besonders markiert, dadurch daß er noch
den Anfangsvers von Strophe 5 mitteilt, demzufolge von hier ah
ersichtlich ein andrer Gedankenlauf begann. ’AXXd icav ToXpavov,
zTczi xev f) va (nach von Wilamowitz’ einleuchtender Verbesserung
für das unmetrische und mit einer Unverständlichkeit abschließende
etcs! xal 7r£v/jTa): 'Aber alles ist erduldbar, da nun einmal die Dinge
so stehen’, d. h.: 'da nun mal unsere Agallis’ -— denn auch Patons
Herstellung des unentbehrlichen Mädchennamens kann als fast
sicher gelten — 'unsern Kreis verlassen wird, um des beneidenswert
glücklichen Freiers Gattin zu werden’.
Mit dieser Auffassung, wonach erneutes Glücklichpreisen und
dazu ein Glückwünschen der vermutliche, weil naturgemäße Ab-
schluß des Liedes war, bestätigt sich dessen Zugehörigkeit zur Gat-
tung der Hochzeitslieder, was Snell äußerst einleuchtend gemacht
hat in seiner trefflichen Bearbeitung unsres Themas (Herrn. LXVI
1931, 71 ff.), zugleich mit wichtigen Folgerungen daraus. Verhält-
nismäßig unerheblich scheint mir dabei die Erledigung der alten
Streitfrage, ob laop FeoIgiv (par deo) heißen soll „so stark wie Götter“
(d. h. dem Anblick gewachsen) oder „so beglückt wie Götter“. Das
zweite ergibt sich aus der Feststellung, daß ein Makarismos in solcher
Form eins der stereotypen Elemente von Hochzeitsliedern war.
Indirekt dient ihm bei Sapplio gleichsam als argumentum e con-
trario, wie Snell bemerkte, auch die gesamte Pathologie der sehn-
süchtig Entbehrenden. —Wichtiger sind andre Seiten des Ergeb-
nisses. Erstens einmal erkennen wir von der rätselhaften Schluß-
strophe Catulls, die uns noch lebhaft beschäftigen wird, schon jetzt,
aus der Struktur des griechischen Genos heraus, sie kann unmöglich