Metadaten

Kolbe, Walther; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1933/34, 4. Abhandlung): Die Kriegsschuldfrage von 218 v. Chr. Geb. — Heidelberg, 1934

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.40169#0005
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Die Kriegsschuldfrage von 218 v. Chr. Geh.

meinung über den Hannibalischen Krieg nur durch Rom bestimmt
worden. Wir Angehörigen der deutschen Nation wissen heute,
was es heißt, daß das allgemeine Urteil über einen verlorenen Krieg
von Sieger 'gemacht’ wird. Das liegt nun einmal in der Natur
menschlichen Wesens begründet, daß die siegreiche Partei das,
was sie kraft ihrer Überlegenheit dem Gegner auferlegt, als gerecht
hinzustellen beliebt. In ganz besonderem Maße hat das von den
Römern zu gelten. Und sie sind nicht erst nach dem Siege um die
Gerechtigkeit ihrer Sache bemüht gewesen, sondern es war ein
Grundzug ihrer Politik, daß es stets ihre ernste Sorge war, jeden
Krieg als einen gerechten Verteidigungskrieg erscheinen zu lassen.
So ist es auch beim Hannibalischen Kriege gewesen. Daher ist
Polybios in tiefster Seele von der Überzeugung durchdrungen,
daß das gute Recht auf seiten Roms gewesen ist. Wenn ich das
Ergebnis vorwegnehme, so muß ich zugestehen, daß Karthago
sich mit der Weigerung, den Hasdrubalvertrag als rechtsverbind-
lich anzuerkennen ins Unrecht gesetzt hat, womit aber nicht gesagt
sein soll, daß es die Schuld am Kriege trägt. Trotzdem wird sich
gerade auf Grund der Aussagen des Polybios zeigen lassen, daß auch
heute noch viel verkehrte Vorstellungen über die beiden Gegner
gang und gäbe sind.
An die Spitze stelle ich in tabellarischer Übersicht die Dar-
stellung des Altmeisters Theodor Mommsen. Denn von ihm hängt
die große Mehrzahl der Forscher ab, die von der Schuld Karthagos
sowohl im juristischen wie im moralischen Sinne überzeugt sind1.
Mommsen:2 Polybios.
Hannibal ist sofort nach seiner H. unternimmt in den beiden
Ernennung zum Kriege gegen ersten Jahren nach seiner Er-
Koni entschlossen. nennung Feldzüge im inneren
Spanien. 221 220.
1 Mommsens Urteil kehrt im wesentlichen wieder bei: Ed. Meyer,
Berl. Sitz. Ber. 1913, 688 ff., bes. 712 = Kl. Sehr. II 333 ff., 368. Ed.
Meyer, Meister der Politik I2 1923, 97 ff. de Sanctis, Storia dei Ro-
mani III 1916ff., III 418, 421. Kahrstedt, Geschichte der Karthager
III 1913. Pais, Storia di Roma durante le guerre Puniche I, II, 1927.
I 1197ff., II 87. Holleaux, Rome, la Grece et les monarchies hellenisti-
ques 1921, 137. Gelzer, Hermes 68, 1932, 156 ff.
2 Zeichenerklärung: gesperrt: Zutaten Mommsens, für die Polybios
keine Grundlage bietet; halbfett: Zutaten Mommsens, die mit Polybios
im Widerspruch stehen; kursiv: Polybianische Angaben, die von Mommsen
nicht berücksichtigt sind; [ ] kombinatorische Interpretation des Polybios.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften