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Kolbe, Walther; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1933/34, 4. Abhandlung): Die Kriegsschuldfrage von 218 v. Chr. Geb. — Heidelberg, 1934

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https://doi.org/10.11588/diglit.40169#0028
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28

Walther Kolbe:

Wortes zu machen, zeigt die Tatsache daß der siegreiche Konsul
an Ätoler und Achäer Gesandtschaften schickte, ot — — Trpw-
tov [X£V aTteXoyiaavTO tocq alMap tou Trokspoi) xat, Siaßaascop1
und daß er ihnen alsbald weitere Gesandtschaften an Athen und
Korinth folgen ließ2. Aber noch eindrucksvoller als die Handlungen
Roms sind seine politischen Unterlassungen. Nichts kann die
versteckte Offensive gegen Makedonien deutlicher kennzeichnen
als die Tatsache, daß es diese wichtigste Balkanmacht bei der diplo-
maten Rechtfertigung seines Verhaltens vollkommen außer Acht
läßt. Dasselbe Makedonien, das mit Illyrien verbündet gewesen
war und das daher durch Teutas Niederlage unmittelbar berührt
war! Naturellement, — so äußert sich trotz aller Sympathie für
Rom Holleaux3 — pour lui (Antigonos Doson) comme pour tout
souverain macedonien l’Illyrie est ä l’Occident ce qu’est la Thrace
ä ßOrient, un simple prolongement, une dependancenecessaire
de la Macedoine; naturellement, il a vu, gü tendait l’effort des
Romains; naturellement, il a compris qu’ils le voulaient
borner ä 1’ Ouest et lui fermer la mer ; naturellement, ce qui
de leur part n’etait qu’une mesure preventive, lui a paru entreprise
aggressive. Selbst dieser begeisterte Apostel der römischen Sicher-
heitstheorie muß zugeben, daß Rom in die auf der Ostseite der
Adria bestehenden Machtverhältnisse eingriff, um Makedonien
aus seiner natürlichen Vorpostenstellung am Jonischen Meer zu
verdrängen. Selbst er muß zugeben, daß es einen Präventivkrieg
geführt hatte. Dieses Eingeständnis genügt, um den wahren
Wert der Apologie zu enthüllen. Sie ist nicht besser begründet
als die des Fabius Pictor. Wenn es wahr ist, daß letzterer 'mit
aller Entschiedenheit den Vorwurf bekämpfte, daß die Römer sich
in Verhältnisse einmischten, die sie nichts angingen’4, so müssen
wir sagen, daß der römische Geschichtsschreiber keine gute Sache
vertreten hat. Rom hatte — und sei es auch nur im Wege des Ver-
trages— erreicht, daß es jenseits der Adria festen Fuß gefaßt hatte.
Was sich uns vorher bei der Bewertung der spanischen Politik
aufdrängte, finden wir durch die Vorgänge auf dem Balkan be-
stätigt. Es ist nicht anders, im römischen Senat bestimmten
Männer mit Weitblick und Tatkraft die Politik. Die Zeit war
vorüber, wo sie ihre Aktivität auf die eigene Halbinsel beschränk-
ten. Sie hatten erkannt, was die Erfahrung des letzten Menschen-
alters wieder bewiesen hat, daß ein starkes Ralien um seiner Inter-
1 II 12 4. 2 II 12 8. 3 S. 119. 4 Gelzer, 144.
 
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