Die Kriegsschuldfrage von 218 v. Chr. Geb.
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essen willen um jeden Preis die Festsetzung einer fremden Macht
in Albanien verhüten muß.
Hatten die Römer durch den ersten Illyrischen Krieg an der
Westküste des Balkans eine Stellung gewonnen, die eine Bedro-
hung1 makedonischer Interessen in sich schloß, so mußte der er-
neute Aufstieg Makedoniens bei ihnen mit Naturnotwendigkeit
ein Gefühl der Unsicherheit hervorrufen. Mit einer ans Unwahr-
scheinliche grenzenden Schnelligkeit erholte sich die Monarchie
in den zwanziger Jahren von dem tiefen Sturz unter Demetrios II.
Nicht nur daß dank der klugen Führung des Antigonos Doson im
Norden die Oberhoheit Makedoniens wiederhergestellt und im
Westen der Nutznießer des Vertrages von 228, Demetrios von
Pharos, aus dem unnatürlichen Bündnis mit Rom befreit und ganz
ins Schlepptau des makedonischen Staatsschiffes genommen
wurde. Weit wesentlicher war, daß es der weitausschauenden
Politik des Königs gelungen war, den langen Streit mit den grie-
schichen Mächten zu beenden und einen allumfassenden Hellenen-
bund zu schaffen2. Die neue Verfassung ließ den griechischen Bun-
desstaaten so viel Spielraum, daß das alte Wort von der Bedrohung
Griechenlands durch Makedonien seine Schrecken verlor. Ange-
sichts dieser Entwicklung war die Stellung Roms auf der Ostseite
des Jonischen Meeres gefährdet. In dieser Gestaltung der politi-
schen Lage ist die tiefere Ursache des zweiten Illyrischen Krieges
zu sehen. Mag immerhin die Verletzung des Friedensvertrages
von 228 durch Demetrios der unmittelbare Anstoß zum Kriege
gewesen sein, ■— das letztlich entscheidende Moment war, daß
jetzt eine Macht von Weltgeltung hinter dem kleinen Raubstaat
stand. Man kann getrost die Behauptung wagen: selbst wenn
Demetrios die mit Rom verbündeten Griechenstädte nicht ange-
griffen hätte, hätte sich Rom zum Kriege entschließen müssen,
wenn anders es seinen Einfluß auf die albanische Küste behaupten
wollte. Es war der zweite Präventivkrieg, den es im Verlauf eines
Jahrzehnts führte3. Und es hatte ihn zu rechter Zeit begonnen,
in dem Augenblick nämlich, wo Makedoniens Stoßkraft durch den
frühen Tod Dosons gelähmt war und der junge Philipp V. noch
1 Dies gibt selbst Hollea.ux, S. 120 zu.
2 SEG I 75, dazu Wilcken, Berl. Sitz.-Ber. 1922, 122ff., 1927, 277ff.
3 Polyb. III 16, 4 sic, a (Demetrios’ Bestrebungen die mit Rom verbün-
deten Städte auf illyrischem Gebiet zu unterwerfen) ßXe-rcovTei; 'Pcop.aloi xai
-9-scopoüvTEp ävbouaav tt)V MaxeSovcov olxlav, scsteuSov äacpaXlaacrö-oa Ta
7tpö<; eco T7)^ ’lxoCkla-c,-.
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essen willen um jeden Preis die Festsetzung einer fremden Macht
in Albanien verhüten muß.
Hatten die Römer durch den ersten Illyrischen Krieg an der
Westküste des Balkans eine Stellung gewonnen, die eine Bedro-
hung1 makedonischer Interessen in sich schloß, so mußte der er-
neute Aufstieg Makedoniens bei ihnen mit Naturnotwendigkeit
ein Gefühl der Unsicherheit hervorrufen. Mit einer ans Unwahr-
scheinliche grenzenden Schnelligkeit erholte sich die Monarchie
in den zwanziger Jahren von dem tiefen Sturz unter Demetrios II.
Nicht nur daß dank der klugen Führung des Antigonos Doson im
Norden die Oberhoheit Makedoniens wiederhergestellt und im
Westen der Nutznießer des Vertrages von 228, Demetrios von
Pharos, aus dem unnatürlichen Bündnis mit Rom befreit und ganz
ins Schlepptau des makedonischen Staatsschiffes genommen
wurde. Weit wesentlicher war, daß es der weitausschauenden
Politik des Königs gelungen war, den langen Streit mit den grie-
schichen Mächten zu beenden und einen allumfassenden Hellenen-
bund zu schaffen2. Die neue Verfassung ließ den griechischen Bun-
desstaaten so viel Spielraum, daß das alte Wort von der Bedrohung
Griechenlands durch Makedonien seine Schrecken verlor. Ange-
sichts dieser Entwicklung war die Stellung Roms auf der Ostseite
des Jonischen Meeres gefährdet. In dieser Gestaltung der politi-
schen Lage ist die tiefere Ursache des zweiten Illyrischen Krieges
zu sehen. Mag immerhin die Verletzung des Friedensvertrages
von 228 durch Demetrios der unmittelbare Anstoß zum Kriege
gewesen sein, ■— das letztlich entscheidende Moment war, daß
jetzt eine Macht von Weltgeltung hinter dem kleinen Raubstaat
stand. Man kann getrost die Behauptung wagen: selbst wenn
Demetrios die mit Rom verbündeten Griechenstädte nicht ange-
griffen hätte, hätte sich Rom zum Kriege entschließen müssen,
wenn anders es seinen Einfluß auf die albanische Küste behaupten
wollte. Es war der zweite Präventivkrieg, den es im Verlauf eines
Jahrzehnts führte3. Und es hatte ihn zu rechter Zeit begonnen,
in dem Augenblick nämlich, wo Makedoniens Stoßkraft durch den
frühen Tod Dosons gelähmt war und der junge Philipp V. noch
1 Dies gibt selbst Hollea.ux, S. 120 zu.
2 SEG I 75, dazu Wilcken, Berl. Sitz.-Ber. 1922, 122ff., 1927, 277ff.
3 Polyb. III 16, 4 sic, a (Demetrios’ Bestrebungen die mit Rom verbün-
deten Städte auf illyrischem Gebiet zu unterwerfen) ßXe-rcovTei; 'Pcop.aloi xai
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