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Tellenbach, Gerd; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1934/35, 1. Abhandlung): Roemischer und christlicher Reichsgedanke in der Liturgie des fruehen Mittelalters — Heidelberg, 1934

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https://doi.org/10.11588/diglit.40170#0022
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Gerd Tellenbach:

tui, quaesumus, omnipotens deus, propitiare peccatis et totius hostili-
tatis a nobis terrores averte, ut Romani nominis secura libertas in tua
devotione semper exultet1.

II.
Die Wandlungen des Reichsgedankens nach dem Zeugnis
der frühmittelalterlichen Liturgie: Beharrlichkeit und Fortbildung
der liturgischen Texte, S. 16. — Gallikanische und römische Liturgie vor der
Mitte des 8. Jahrhunderts: in Italien S. 17, in England und Frankreich S. 17.
— Die Pippinische Liturgiereform, S. 19. — Trotz Achtung vor der römischen
Tradition Anpassung der geschichtlichen Gebete an die veränderten Verhält-
nisse, S. 20: Äußerungen nationalen Selbstgefühls, S. 21 — eines neuartigen
Universalismus S. 22, der Verchristlichung des Reichsgedankens, S. 23. —
Textgeschichtliche Bedeutung der Liturgiereform Karls des Großen und der
liturgischen Wirksamkeit Alkuins, S. 24. — Die Fürbitten, S. 26.
Die liturgische, wie jede religiöse Formelsprache hat eine zähe
Beharrlichkeit in sich. Die Worte, die den gottbegeisterten Herzen
verehrter Menschen entstammen, von heiligen Lippen erstmals ge-
formt und von vielen Geschlechtern nachgesprochen wurden, mag
man nicht ändern. Die Geschichte geht ihren ewigen Gang, neue
Ideen werden geboren und erfüllen die Tradition mit anderem Geist
und die Sprache mit anderem Gehalt, aber die ehrwürdigen For-
meln bleiben. Und der alte Sinn, der sie zuerst sich als Körper
schuf, ist noch verborgen da, stets bereit wiederaufzuleben und sich
aufs neue entdecken zu lassen2.
Viele von den alten Meßgebeten sind im wesentlichen gleich-
geblieben und von Jahrhundert zu Jahrhundert wieder abgeschrie-
ben worden. Es sind nur wenige Änderungen, die man an ihnen
vornimmt, aber gerade sie verraten in manchen Fällen, was die
neuen Menschen an'den alten Texten nicht mehr begreifen oder
anders verstehen. Sie verdienen wegen des Konservativismus der
Liturgie die höchste Beachtung. Manche Aufschlüsse erhalten wir
auch, wenn wir beobachten, in welchem Sinne einzelne Wendungen
der alten Texte in neue Gebete aufgenommen werden. Denn natür-
lich versiegt nie das Bedürfnis der Menschen in neuer Rede zu
Gott zu sprechen. Und dann vermögen die jüngeren Formen auf
die alten wandelnd zurückzuwirken. Um jene Gebete, in denen sich
römisches und christliches Reichsbewußtsein besonders deutlich

1 Vgl. u. S. -61 nr. 17.
2 Vgl. hierzu auch die geistvollen Ausführungen bei Norden, Geburt
des Kindes, S. 165.
 
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