Platonismus und Mystik im Altertum.
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verbindenden Bewegung besteht das ‘Leben’ des Gedankens. Ist
aber die Seele das kraft des Denkens sich selber Bewegende, so
ist sie zugleich das ‘Prinzip’ aller echten, d. h. aller sinnvollen und
vernünftigen Bewegung, und sie kann von ihrem Selbst aus nicht
nur das gesamte Psychische, sondern auch den Körper bewegen,
entsprechend wie die Noesis Prinzip wird auch für die Aisthesis;
Eidos auch für Eidolon; Seiendes auch für Nichtseiendes. Nur die-
jenige Bewegung bleibt als unvernünftig und begründender Er-
kenntnis entzogen zurück, welche sich aus den baren Notwendig-
keiten des ‘Raumes’, aus den bloßen Lageverschiebungen in ihm
ergibt und im Bereiche des körperlichen Geschehens die Funktion
(nicht des wahren Grundes, sondern) der ‘Mitursache’ ausübt. Von
hier aus werden die psychologischen Positionen des Phaidros er-
möglicht. -— Ist aber die Seele Beides in Einem, reines Denken
und Prinzip lebendiger Bewegung, so kann ihr urtümlich tätiges,
vernünftiges Sein nicht nur dem endlichen Geschöpfe und dem
irdischen Leben verhaftet bleiben, sondern sie muß als Weltseele
das erste und vollkommenste der Geschöpfe selber sein. Sie erst
macht den Kosmos zu einer zwar geschaffenen, aber unsterblichen
Welt, zur Totalität des ‘gewordenen Seins’; ja die Weltseele ist
das eigentliche Selbst des Kosmos, sofern er nach der Seite seiner
gegliederten Ganzheit und somit Denkbarkeit gedacht wird. Von
diesem Thema des Timaios aus ist nur noch ein Schritt weiter mög-
lich: der, daß die Seele kultisch verehrt wird, wie die Gesetze es
zeigen.
Überblickt man die skizzierte Entwicklung, so sieht man, woran
die modernen Platondarstellungen gewöhnlich kranken. Platons
Seelenlehre ist nicht niedergelegt in diesem oder jenem Dialoge,
sondern sie ist das alles in reichster Entfaltung, was ich soeben in
schwachen Umrissen skizziert habe. Es gibt für den, der Platons
Seelenlehre wirklich als Problem zu fassen vermag, nicht ‘ein’
oder ‘das’ Lehrstück von der Seele bei Platon, sondern es gibt nur
alle zusammengenommen. Was aber ergibt sich bei der Zusammen-
nahme ? Es ist ein zu bloßer Scheinbarkeit verurteiltes, durch
keine Stelle des Platontextes legitimiertes Unternehmen, im
Einzelnen sogenannte Widersprüche seiner Psychologie aufzuspüren
und aus späteren Positionen Platons über die Seele die Preisgabe
früherer zu erschließen. Als Weltseele, so sagt man, sei die Seele
das absolut-vollkommene Geschöpf, als Einzelseele das durch die
Körperhaftigkeit ihrer Idole prinzipiell Defekte. Also habe Platon
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verbindenden Bewegung besteht das ‘Leben’ des Gedankens. Ist
aber die Seele das kraft des Denkens sich selber Bewegende, so
ist sie zugleich das ‘Prinzip’ aller echten, d. h. aller sinnvollen und
vernünftigen Bewegung, und sie kann von ihrem Selbst aus nicht
nur das gesamte Psychische, sondern auch den Körper bewegen,
entsprechend wie die Noesis Prinzip wird auch für die Aisthesis;
Eidos auch für Eidolon; Seiendes auch für Nichtseiendes. Nur die-
jenige Bewegung bleibt als unvernünftig und begründender Er-
kenntnis entzogen zurück, welche sich aus den baren Notwendig-
keiten des ‘Raumes’, aus den bloßen Lageverschiebungen in ihm
ergibt und im Bereiche des körperlichen Geschehens die Funktion
(nicht des wahren Grundes, sondern) der ‘Mitursache’ ausübt. Von
hier aus werden die psychologischen Positionen des Phaidros er-
möglicht. -— Ist aber die Seele Beides in Einem, reines Denken
und Prinzip lebendiger Bewegung, so kann ihr urtümlich tätiges,
vernünftiges Sein nicht nur dem endlichen Geschöpfe und dem
irdischen Leben verhaftet bleiben, sondern sie muß als Weltseele
das erste und vollkommenste der Geschöpfe selber sein. Sie erst
macht den Kosmos zu einer zwar geschaffenen, aber unsterblichen
Welt, zur Totalität des ‘gewordenen Seins’; ja die Weltseele ist
das eigentliche Selbst des Kosmos, sofern er nach der Seite seiner
gegliederten Ganzheit und somit Denkbarkeit gedacht wird. Von
diesem Thema des Timaios aus ist nur noch ein Schritt weiter mög-
lich: der, daß die Seele kultisch verehrt wird, wie die Gesetze es
zeigen.
Überblickt man die skizzierte Entwicklung, so sieht man, woran
die modernen Platondarstellungen gewöhnlich kranken. Platons
Seelenlehre ist nicht niedergelegt in diesem oder jenem Dialoge,
sondern sie ist das alles in reichster Entfaltung, was ich soeben in
schwachen Umrissen skizziert habe. Es gibt für den, der Platons
Seelenlehre wirklich als Problem zu fassen vermag, nicht ‘ein’
oder ‘das’ Lehrstück von der Seele bei Platon, sondern es gibt nur
alle zusammengenommen. Was aber ergibt sich bei der Zusammen-
nahme ? Es ist ein zu bloßer Scheinbarkeit verurteiltes, durch
keine Stelle des Platontextes legitimiertes Unternehmen, im
Einzelnen sogenannte Widersprüche seiner Psychologie aufzuspüren
und aus späteren Positionen Platons über die Seele die Preisgabe
früherer zu erschließen. Als Weltseele, so sagt man, sei die Seele
das absolut-vollkommene Geschöpf, als Einzelseele das durch die
Körperhaftigkeit ihrer Idole prinzipiell Defekte. Also habe Platon