Metadaten

Dragendorff, Hans; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1935/36, 2. Abhandlung): Arretina — Heidelberg, 1935

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.41985#0005
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Arretina.

5

dessen Haar z. T. von einer Haube verhüllt ist, wird von einem
Jüngling (VI), der sich über es beugt und es unter den Armen faßt,
gestützt. Der Jüngling blickt nach links aufwärts. Seine Chlamys
ist um den Hals geschlungen und flattert hinter dem Rücken herab;
ein Zipfel schlägt über den rechten Schenkel. Über die Brust läuft
ein Schwertgurt. Die gleiche Gruppe kehrt auf einer Scherbe im
Antiquarium in München wieder. Die Aufnahme (Tafel I, 5) und die
Erlaubnis zur Veröffentlichung verdanke ich Karl Weickert.
Auf der Münchener Scherbe ist, das Mädchen fast vollständig er-
halten. Danach ist es in die Knie gesunken und trägt langen Peplos.
Der rechte Arm hängt schlaff herab, der linke liegt auf dem Ober-
schenkel. Auch hier ist, wie auf den beiden Heidelberger Scherben,
der Boden durch wagerechte Striche charakterisiert.
Soweit habe ich den Cyklus bisher zusammengefunden. Wir
hätten also bereits Reste von 7 Figuren, vier Mädchen und drei
Jüüglingen, aus einem Niobidencyklus. Weitere Figuren kann ich
ihm bislang nicht mit Sicherheit zurechnen. Hinweisen will ich
wenigstens auf die Scherben der Loeb collecticn Taf. XVI, 8 und
10, auf 8 ein nach links laufendes Mädchen, das mit beiden Hän-
den den Mantel hält und nach rechts hinaufzuziehen scheint,
auf 10 ein nach rechts rasendes Mädchen, das die Arme über den
Kopf wirft. Doch will ich nicht verschweigen, daß mir die Gewand-
behandlung der letzteren Figur von der der Heidelberger Figuren
verschieden zu sein scheint. Einstweilen fehlen uns also noch 3
Töchter und 4 Söhne der Niobe, wenn wir, was für diese Zeit be-
rechtigt ist, sieben Söhne und sieben Töchter annehmen. Sie waren
gewiß auch vollzählig in dem Cyklus des Annius vorhanden, und wir
können hoffen, daß auch sie sich ebenso wie die fehlenden Teile
der einstweilen nur bruchstückartig erhaltenen Typen allmählich
hinzufinden werden. Als sicher darf man annehmen, daß auch Niobe
vorhanden war. Pagenstecher hielt für möglich, daß die Knie-
ende auf der Heidelberger Scherbe (Typ. I) Niobe selbst sei. Eine
kniende Niobe scheint mir trotz der Zustimmung Loewys1 un-
wahrscheinlich. Fraglich bleibt, ob der Pädagoge und die Amme
die Gruppe vervollständigten, ebenso, ob die strafenden Götter
selbst dargestellt waren. Hier heißt es geduldig weitersuchen.
Wichtig aber ist, daß mit unseren Figuren eine neue Niobiden-
gruppe zu den bisher bekannten hinzutritt. Die z. T. sehr eindrucks-
vollen Motive sind sicher nicht eine Erfindung des arretinischen

1 A. J. 1927, 98 Arm. 3.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften