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Dragendorff, Hans; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1935/36, 2. Abhandlung): Arretina — Heidelberg, 1935

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https://doi.org/10.11588/diglit.41985#0013
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Arretina.

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liat. Es fehlen die übrigen für das Bild des Timanthes bezeugten
Helden. Dafür haben wir den Jüngling, der Iphigenie so sorglich
führt und den man wohl richtig als Achill gedeutet hat. Jedenfalls
kann er keiner der in der Literatur für das Bild genannten Helden
sein, da diese alle bärtig sein müßten. Dann haben wir die nichts-
sagende Figur eines Opferdieners, der eine mit Früchten ge-
schmückte Schüssel in der Hand hält, ein Opfer, das, wie ebenfalls
schon Michaelis gesehen hat, zu dem hier vollzogenen Blutopfer
nicht paßt. Sicher nicht von dem Vorbilde stammt der knorrige
Baum neben Agamemnon. So sieht kein Baum des 5. Jahrhunderts
aus. Er ist hellenistisch.
Mehr Figuren hat das späte Elfenbeinrelief. Rechts von der
in allem Wesentlichen mit der Kleomenesara übereinstimmenden
Mittelgruppe steht hier als Gegenstück zu dem Opferdiener ein
zweiter Jüngling, bis auf das Fehlen des Korbes genau jenem ent-
sprechend. Diese mechanische Responsion in der Anordnung der
Figuren, die sich dann in den Eckfiguren wiederholt, ist sicher nicht
dem Gemälde des Timanthes entlehnt. Ebensowenig der sitzende
Bärtige rechts (welcher von den erschütterten Helden sollte dieser
ruhig gleichgültige Mann wohl sein ? ) und schon garnicht sein Ge-
genstück links, eine Hygieia oder was immer sie ist. Dafür aber
fehlt auf dem Kästchen gerade die bezeichnendste Figur des Timan-
thes, der verhüllte Agamemnon.
Um es kurz zu machen: ich glaube, daß Michaelis s.Zt. ganz das
Richtige fühlte, wenn er in der schönen Mittelgruppe der Kleomenes-
ara die Kopie eines ,,Dreifigurenbildes“ in der Art des Orpheusreliefs
und seinerVerwandten vermutete, und freue mich der gleichen Auffas-
sung auch nicht nur bei Klein, sondern auch bei Buschor und Stud-
niczka1 zu begegnen. Damit fällt dann aber folgerichtig
die Beziehung auf das Gemälde des Timanthes. Diese
Mittelgruppe ist formal von so wunderbarer Geschlossenheit, daß
man sie unwillkürlich immer aus dem Ganzen herauslöst und einen
Spalt zwischen ihr und den Seitenfiguren fühlt2. Ebenso fein, zart

1 Klein, a. a. O. 238ff.; Buschor, F. R. III, 166. Studniczka, Arte-
mis und Iphigenie, 47.
2 Der neu attische Künstler hat etwas derart gefühlt. Den Umriß der
Gruppe bei ihm stört, daß die beiden männlichen Figuren das Spielbein zu
weit zurück stellen, ja, daß der zurückgesetzte Unterschenkel beider geradezu
zu lang ist. Der Neuattiker versuchte damit, den Spalt zwischen Mittelgruppe
und den von ihm hinzugefügten Seitenfiguren weniger fühlbar zu machen.
 
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