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Dragendorff, Hans; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1935/36, 2. Abhandlung): Arretina — Heidelberg, 1935

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https://doi.org/10.11588/diglit.41985#0014
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14

Hans Dragendorff:

andeutend und doch klar wie die formale Verknüpfung der drei
Figuren ist auch die Stimmung, die die Gruppe durchzieht. Sie
braucht keine Ergänzung durch weitere Figuren, nicht einmal durch
den verhüllten Agamemnon. Der Vergleich mit dem Orpheusre-
lief und den ihm verwandten Dreifigurenreliefs hat sich auch
hierin wohl jedem aufgedrängt.
Schon Michaelis sah auch die stilistische Verwandtschaft mit
dem Orpheusrelief. Darüber braucht man wohl kaum mehr ein
Wort zu verlieren. Ich will nur noch auf das eine hinweisen, wie der
vorwehende Mantel den Hintergrund für das leise geneigte Profil
des Mädchens bildet, so bei Eurydike, so bei Iphigenie, so auch bei
der Hespeiide auf dem von Amelung wiedergewonnenen Dreifigu-
renrelief1, das er richtig dem gleichen Kreise zugewiesen hat und
dem mir die Iphigenie durch die breiten, etwas flachen Falten be-
sonders nahe zu stehen scheint.
So entgleitet uns — darüber muß man sich klar sein — das be-
rühmte Bild des Timanthes. Dafür gewinnen wir ein attisches Re-
lief bester Zeit, dessen in feinste Formen gefaßten stillen Stim-
mungsgehalt wir auch in den späten handwerklichen Kopien, selbst
in dem byzantinischen Relief noch empfinden.
Das attische Dreifigurenrelief haben dann die neuattischen
Künstler benutzt, wie sie so Adele andere Reliefs gerade des späteren
5. Jahrhunderts benutzt haben. Ich brauche nur an die neuatti-
schen Kopien nach der Nikebalustrade, nach dem Fries des Ilissos-
tempels, die Kopien nach Gruppen aus dem Schild der Parthenos, die
Niobidenreliefs, die Mänadenreliefs, die Kalathiskostänzerinnen
und manches andere zu erinnern. Auch das Orpheusrelief, das
Peliadenrelief und die andern Dreifigurenreliefs, die New Yorker
Kopie nach dem großen Eleusinischen Relief gehören im Grunde
dazu2. Ich würde mich nicht wundern, wenn unsere Iphigenien-
gruppe eines Tages sich auch im Maßstab etwa des Orpheusreliefs
nachweisen lassen würde oder umgekehrt das Orpheusrelief oder
Peliadenrelief als Teil einer neuattischen Komposition auftauchen
1 80. Bert Winckelmannsprogramm, Taf. I.
2 Ebenso das schöne Weihrelief des Metr. Mus. (Gisela M. Richter,
Ilandbook, 246 fig., 170), durch den Altar mit seinem Guirlandenschmuck
zugleich ein gutes Beispiel für Zutaten der neuattischen Kopisten im Stile
ihrer eigenen Zeit. In diesem Zusammenhang möchte ich darauf hinweisen,
daß auch der Altar auf der Dresdner Scherbe zum mindesten in den Einzel-
heiten Zutat des Kopisten ist. Auch er zeigt deutlich Guirlanden, und zwar
diesmal an Stierschädeln. Das weist aufs I. Jahrh. v. Chr.
 
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