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Salis, Arnold [Hrsg.]; Salis, Arnold [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1936/37, 1. Abhandlung): Neue Darstellungen griechischer Sagen, 2: Picenum — Heidelberg, 1937

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https://doi.org/10.11588/diglit.41988#0022
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Arnold von Salis:

Es hieße wahrhaftig Eulen nach Athen tragen, wollte man sich
an eine Aufzählung aller jener Denkmäler machen, wo Athenas
Kauz im Laub der heiligen Olive thront. Denn nur dieser bestimmte
Baum im Pandroseion, der Wohnsitz der Eule, ist es natürlich, der
besonders auf den attischen Münzen immer wiederkehrt: in der
dramatischen Szene vom Götterstreit um den Besitz der Burg1
sowohl wie im ruhigen Daseinsbild, das die Hüterin des Heiligtums
unter das Zweigdach seines Wahrzeichens stellt2. Aber auch der
Vogel auf dem Baum allein kommt als Münzbild vor3; er ist so
geradezu das Stadtwappen von Athen. In der Regel erblicken wir
auf den Münzen — die danach ja den Namen γλαυκές führen4 —
freilich bloß die Figur des Vogels; und ein Zweig oder Blätterbüschel
oder gar nur ein einzelnes Blatt, irgendwo in das Rund hinein-
ragend, sind die einzige Andeutung, immerhin eine unmißverständ-
liche, des Lokals5. Und so möchten wir auch den beliebten Bild-
schmuck rotfiguriger Vasen aufgefaßt wissen, der sich auf die Eule,
seitlich von Ölzweigen oder von einzelnen Blättern eingerahmt, be-
schränkt : auch das eine Abbreviatur, das Tier in dem sich gabelnden
Gezweig der Baumkrone6.
Damit wäre nun wohl ein Fingerzeig gegeben, wo das Motiv
unserer Stele von Fano herzuleiten sein könnte. Eine Möglichkeit,
auf alle Fälle, aber es gibt noch eine zweite. Denn mindestens so alt,
und gewiß nicht seltener anzutreffen als die Eule der Athena ist
ihre geheimnisvolle Schwester, der Totenkauz7. Auch dieser treibt
sich im Gebüsch herum, und formal wird das in ganz entsprechender
Weise zum Ausdruck gebracht: ein in Gestalt einer Ranke stilisier-
ter Strauch dient dem Vogel als Sitz. Es ist schwer zu sagen, wie das
gegenseitige Verhältnis der beiden Fassungen zu beurteilen, ob
überhaupt die eine durch die andere bedingt sein mag. Das früheste
Beispiel der Grabeule in bildlichem Zusammenhang gehört jeden-
falls noch dem sechsten Jahrhundert an; wir meinen jene weißgrun-
1 Imhoof-Blumer u. Gardner, Num. com. of Paus. Taf. Z XI, XII,
XIV; Svoronos, Monn. d’Athenes Taf. 89, 1—18.
2 Imhoof-Blumer XVIII, XIX; Svoronos Taf. 87, 15ff.
3 Müller-Wieseler II Taf. 22, 242h; Brit. Mus. Catal. Coins Attica
Taf. 17, 6; Svoronos Taf. 89, 19—25. 4 RE. VI 1071.
5 Svoronos Taf. 2ff.; Seltman, Athens, its History and Coinage 42ff.
Taf. 2—23, zur „Abkürzung“ S. 43 Anm. 3.
6 Überaus häufig, siehe allein in der Berliner Vasensammlung die Num-
mern Furtwängler 2231, 2232, 2495, 2502, 2587, 2595—2605, 2987, 2988,
3170, 3498, 3636, 3655. 7 Über seine Bedeutung s. unten Kap. II.
 
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