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Salis, Arnold [Hrsg.]; Salis, Arnold [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1936/37, 1. Abhandlung): Neue Darstellungen griechischer Sagen, 2: Picenum — Heidelberg, 1937

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https://doi.org/10.11588/diglit.41988#0037
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Neue Darstellungen griechischer Sagen: II. Picenum.

29

ist es ja doch so, daß ein typisches Kampfbild der archaischen
Kunst, mit jagenden Gespannen, laufenden und fallenden Kriegern,
liegenden Leichen1, für eine besondere Situation der Sage herhalten
mußte. Einer der Toten wird nun dem Wagen angehängt. Aber die
Herkunft des Schemas ist der Szene immer noch anzumerken, und
einzelne Reste haben sich niemals völlig tilgen lassen. Wie anders
sollte man den mit Schild und Lanze daherstürmenden Helden ver-
stehen ? Gewiß nicht als „Apobaten“ im agonistischen Sinn, wie das
öfters geschah. Denn manchmal läuft er dem Wagen entgegen, der
neben dem Lenker auch den Herrn trägt, oder er tritt gar in der
Mehrzahl auf, —- versprengte Kämpfer, die hier nichts zu suchen
haben2. Auf der Fano-Stele ist der Speer unter dem Wagen ein
Überbleibsel solchen Kampfmilieus: anscheinend eines der ältesten
Beispiele für jene Charakterisierung des Schlachtfelds durch am
Boden liegende Waffen, die Lionardo da Vinci in seinem „Buch von
der Malerei“ als Mittel zur Belebung des Bildes empfiehlt3. Sie hat
in der Antike eine sehr lange Geschichte, und die virtuose Lösung
der hellenistischen Alexanderschlacht bedeutet das reife Endergeb-
nis von Bestrebungen, die sich bis in die Frühzeit griechischer Kunst
hinauf verfolgen lassen.
Aber ist unser Beispiel denn wirklich so früh ? Die Frage mag
überraschen, doch können wir im Anblick dieser Stele die Zweifel
an ihrem vermeintlich hohen Alter nicht unterdrücken; auch wenn
wir vorderhand nicht in der Lage sind, sie sachlich zu begründen.
Rein gefühlsmäßig sträuben wir uns, irgend etwas stimmt hier
nicht. Der Fab hat etwas seltsam Erregendes, das zu scharfem Auf-
sehen mahnt. Ob unsere Skepsis berechtigt sei, muß die weitere
Umschau zeigen.

II.
Daß die angeblich in prähistorischem Vorstellungslehen wur-
zelnde Bilderwelt der Stele von Fano nicht nur mit Erinnerungen
an griechische Götter- oder Grabsymbolik durchsetzt sei, sondern
sogar mit solchen an geläufige Schemata von Sagenillustrationen
der entwickelten archaischen Kunst, wenngleich in stark verunstal-
1 Vgl. etwa die si. Hydria Brit. Mus. B 304; CVA. Gr. Brit. 336 (Br. Mus.
6 III He Tat. 77) 1; Johansen Abb. 23.
2 Zur Frage zuletzt Johansen 81; siehe auch Zahn a. O. 45 und Bulas
19ff. über die Individualisierung des fertigen Schemas.
3 Kemke, Jdl. 16, 1901, 72.
 
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