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Salis, Arnold [Editor]; Salis, Arnold [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1936/37, 1. Abhandlung): Neue Darstellungen griechischer Sagen, 2: Picenum — Heidelberg, 1937

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https://doi.org/10.11588/diglit.41988#0030
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22

Arnold von Salis:

dachte auch er und versuchte es in einen größeren inhaltlichen
Zusammenhang einzubeziehen1. In dieser Novelle sind Dichtung
und Wahrheit verfänglich gemischt. Wahr ist, daß auch hier wieder-
um ein Schild eine Rolle spielt. Denn ohne Zweifel hat der Künstler
der Stele einen solchen gemeint; zeigt doch das Ding, das links der
Mitte im obersten Bildfeld zu sehen ist, genau dieselbe Verzierung
wie der Schild des Siegers im Streifen darunter: um einen runden
Buckel sind breite Radspeichen angeordnet, die Zwickel dazwischen
mit je einem Punkt versehen. Indessen, gerade dieses so sorgfältig
gezeichnete Waffenstück ist ein untrüglicher Beweis dafür, daß
unser Künstler sein Vorbild einfach mißverstanden hat. Dieses war
in der Tat nichts anderes als ein richtiges Rad, mit Nabe und Spei-
chen, und zwar von einem zweirädrigen Rennwagen. Und dessen
hohe Brüstung ist ja auch noch da; unser Mann hat die Sache bei-
behalten, obschon ihr Zweck ihm unverständlich war. Auf dem
Tritt, der hinter Rad und Wagenkorb verschwindet, steht in vor-
gebeugter Haltung der Lenker, in den Fäusten die Zügel, und treibt
seine Pferde zu scharfem Galoppsprung an: das also ist der ver-
meintliche Flüchtling, der die Waffen weggeworfen hat, um sich
kopfüber in die Fluten eines Stroms zu stürzen! Die sprengenden
Rosse freilich haben sich in ein sinnloses Strichbündel aufgelöst,
und schwerlich würde sich das arg entstellte Urbild rekonstruieren
lassen, käme einem nicht die Erinnerung an die so beliebten Bilder
von Wagenrennen in der griechischen Kunst zu Hilfe.
Sollte etwa das, eine Wettfahrt, hier vorliegen — in einem
Ausschnitt also, wie ihn schwarzfigurige Vasen öfters anzuwenden
pflegen2? Entscheidend ist die Frage: wohin geht die Fahrt ? Auf
den Vasen wird mehrmals die Rennbahn bezeichnet durch den Stu-
fenbau der Zuschauertribüne. So etwas ließe sich in dem Quader-

1 a. O. 684: ,,A sinistra un’ altra scena, non si sa bene se collegata colla
precedente, rappresenta un uomo, di profilo verso sin., collo scudo a terra (di
forma circolare, ornato a sei raggi), il quäle, curvo in avanti colle mani protese
sembra in atto di gettarsi a nuoto in un fiume, rozzamente disegnato quasi in
pianta, per raggiungere all’ altra riva un edificio piramidale, che si riscontra
anche nella grande stele di Novilara e che viene generalmente interpretato
per una capanna. Forse tutta la scena indica uno che si e tratto a salvamento
dal pericolo di pirati soppragiunti al lido del suo paese.“
2 Der einzelne Rennwagen z. B. auf panathen. Preisamphoren: Mon.
Inst. X Taf. 48h 13k (Burgon-Amphora, Brit. Mus. Cat. II B130). Ed.
Schmidt, Archaist. Kunst Taf. 3, 1 (Berlin Inv. 3979). Schröder, Sport im
Altert. Taf. 73b. Und häufig auf Münzen.
 
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