Metadaten

Salis, Arnold [Hrsg.]; Salis, Arnold [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1936/37, 1. Abhandlung): Neue Darstellungen griechischer Sagen, 2: Picenum — Heidelberg, 1937

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.41988#0032
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
24

Arnold von Salis:

energisch eingeschnittene gradlinige Zug der Schräge, der keine
Treppe, sondern eine geböschte Mauer bedeutet.
Und noch ein anderes kommt hinzu: der sauber gezeichnete
Speer unter dem Wagen kann nur auf einem Schlachtfeld liegen.
Als beste Analogie sei hier jene Scherbe einer Hydria aus Klazo-
menai angeführt, auf der von R. Zahn die älteste Darstellung von
Hektors Schleifung erkannt worden ist1. Er hat auch die waage-
rechten Linien unter den Pferden überzeugend als Speere von Ge-
fallenen gedeutet, über die das Gespann dahinjagt. Aber wenn es
schon großen Scharfsinns und einer gründlichen Denkmälerkenntnis
bedurfte, um hinter dem Wagenrad auch noch die undeutlichen
Reste des angebundenen Leichnams zu entdecken, so wird man es
dem picenischen Steinmetzen nicht verübeln können, daß unter
seinen ungelenken Händen das corpus delicti einfach verloren ging:
hat er doch, wie wir oben feststellen mußten, die Komposition als
solche gar nicht mehr erfaßt. Täuschen wir uns nicht, so ist aber das
vermutliche Vorbild unserer Stele nichts anderes als eine Illustra-
tion zur Ilias gewesen, derjenigen der klazomenischen Vase auf alle
Fälle nah verwandt. Aus der Lokalangabe durch die Waffen glaubte
Zahn den Schluß ziehen zu dürfen, es sei hier jene Szene gemeint,
wo Achilleus, sein Gespann persönlich lenkend, die Leiche des ver-
haßten Gegners von der Wahlstatt schleift (X 395ff.). Da auf der
Scherbe die Partie vor den Rossen weggebrochen ist, muß die Frage
offen bleiben, ob in der linken Bildhälfte einst noch ein Teil der
trojanischen Stadtmauer zu sehen war. Die hellenistische und
kaiserzeitliche Kunst hat gerade diese Episode oft und mit besonde-
rer Ausführlichkeit geschildert2. Nicht immer, doch auf zahlreichen
Werken dieser Epoche, Sarkophag- und Metallreliefs, Gemälden,
Mosaiken und geschnittenen Steinen, bildet den Hintergrund der
Szene die Mauer, auf der neben den Eltern und dem Weibe Hektors
gelegentlich auch Krieger erscheinen, die ihre Waffe gegen Achilleus
richten; andere tummeln sich um den Wagen, und die Rosse setzen
1 AM. 23, 1898, 38ff. Taf. 6, 2; Perrot-Chipiez IX 405 Abb. 199;
Pfuhl Abb. 147; L. Curtius, Antike Kunst II Taf. 19 Abb. 212; Bulas, Les
illustrations ant. de l’lliade 18k; Bulas, La colere d’Achille, Eos 34, 1932/33,
246 Nr. 4. Johansen a. O. Abb. 8 C. 6, S. 76. 82. 123. Vormals in Athen, jetzt
Brüssel, Musee du Cinquantenaire.
2 Bulas, Iliade 92—96 Abb. 39. 43. 45. 47; 124ff. (Bilderchroniken);
Brüning, Jdl. 9, 1894, 149 Abb. 13. 154 Abb. 23—25. Nur auf dem Sarkophag
im Brit. Mus. (Robert II Taf. 12, 23. Bulas 94m Abb. 44) die Fahrt um das
Grabmal des Patroklos.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften