Neue Darstellungen griechischer Sagen: II, Picenum.
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aus der Certosa von Bologna mit ihrer Opferprozession zu sein, wo
der vorderste der Gabenträger ein Henkelgefäß oder einen Korb auf
genau dieselbe Art vor sich hinhält1. Einen Ausschnitt aus einem
Kultakt haben wir augenscheinlich vor uns. Gewiß ist S. Fuchs
im Recht, wenn er die Bilder auf den Eimern von Watsch und von
Bologna, an deren Zusammengehörigkeit nach seiner überzeugenden
Darlegung nicht mehr gezweifelt werden darf, als naturnahe Schil-
derung der Diesseitsfreuden auffassen will und alle „divaginazioni
mitico-religiose“ kategorisch ablehnt, insonderheit jeden Hinweis
auf den Totenritus leugnet. Aber daß der betreffende Bildstreifen
der Bologneser Situla (der zweite von oben) einen „Opfergang“ zum
Inhalt hat, ist nicht zu verkennen; er fügt sich als solcher auch
durchaus in den Rahmen der übrigen Szenen aus dem Volksleben.
Wie nah sich das alles mit der epischen Erzählungskunst Homers
und mit der ältesten griechischen Kunst überhaupt berührt, hat
schon H. Brunn gesehen, und wird von Fuchs gebührend betont2;
doch auch im Schild des Achilleus fehlen die kultischen Begehungen
bekanntlich nicht, die Hochzeitsfeier mit Chortänzen (Σ 491 ff.),
der Reigen der Jünglinge und Jungfrauen (v. 590ff.) gehören
in diese Rubrik.
Ebenfalls mit den Köpfen nach unten, also vom gleichen Stand-
ort gezeichnet wie diese Opferdiener, sind die beiden mit dem Hinter-
teil einander zugekehrt und eng verbunden stehenden Vierfüßler
neben dem vorderen Segeltau3, während die Figurengruppe dar-
1 Ducati, Guida del Museo Civico di Bologna 1231'.; derselbe, MemAcc.
Bologna 1920—23, 2311'.; IIoernes-Menghin, Urgeschichte d. bild. Kunst
507 Abb. 1, 542, 54411.; D. Randall-MacIver, The Iron Age in Italy 4811.
Tal. 10 u. Titelblatt; Messerschmidt, Bronzezeit u. frühe Eisenzeit in Italien
33, 661. Tal. 16, 2; E. Pastor, Olymp. Spiele der Vorzeit 41 ff. Abb. 25, 26,
vgl. auch die Fragmente aus Istrien ebenda 45 Abb. 28; S. Fuchs in ,,Paolo
Orsi“ (Archivio Storico per la Calabria e la Lucania 1935) 220ff.
2 a. O. 2221.
3 Zu ihrer Erklärung mag auf eine unteritalische Kanne mit roter Malerei
(aus Saticula, 4. Jahrh. v. Chr.) verwiesen werden, die FIeydemann, Vasen-
samml. Neapel Nr. 3365 so beschreibt: „Ein nackter Jüngling steht, in jeder
Hand (zum Schlagen) einen Stock hebend, neben zwei Hunden, welche im Ge-
schlechtsakt gestört, bellend — der eine nach rechts, der andere nach links —
wegspringen, aber nicht auseinander können.“ Jedenfalls ist die Zeichnung
des Paars mit den emporgerichteten und sich überschneidenden Schwänzen
dem Bilde hier durchaus entsprechend. Auf eine schlagende Analogie macht
mich Herr C. Thiel vom Verlag Winter freundlichst aufmerksam: Paarung
von Wölfen, nach altem Stich, P. Schulze, Biologie der Tiere Deutschlands
Lfg. 32 (1931) Teil 52 (Krumbiegel, Mammalia) 249 Abb. 111.
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aus der Certosa von Bologna mit ihrer Opferprozession zu sein, wo
der vorderste der Gabenträger ein Henkelgefäß oder einen Korb auf
genau dieselbe Art vor sich hinhält1. Einen Ausschnitt aus einem
Kultakt haben wir augenscheinlich vor uns. Gewiß ist S. Fuchs
im Recht, wenn er die Bilder auf den Eimern von Watsch und von
Bologna, an deren Zusammengehörigkeit nach seiner überzeugenden
Darlegung nicht mehr gezweifelt werden darf, als naturnahe Schil-
derung der Diesseitsfreuden auffassen will und alle „divaginazioni
mitico-religiose“ kategorisch ablehnt, insonderheit jeden Hinweis
auf den Totenritus leugnet. Aber daß der betreffende Bildstreifen
der Bologneser Situla (der zweite von oben) einen „Opfergang“ zum
Inhalt hat, ist nicht zu verkennen; er fügt sich als solcher auch
durchaus in den Rahmen der übrigen Szenen aus dem Volksleben.
Wie nah sich das alles mit der epischen Erzählungskunst Homers
und mit der ältesten griechischen Kunst überhaupt berührt, hat
schon H. Brunn gesehen, und wird von Fuchs gebührend betont2;
doch auch im Schild des Achilleus fehlen die kultischen Begehungen
bekanntlich nicht, die Hochzeitsfeier mit Chortänzen (Σ 491 ff.),
der Reigen der Jünglinge und Jungfrauen (v. 590ff.) gehören
in diese Rubrik.
Ebenfalls mit den Köpfen nach unten, also vom gleichen Stand-
ort gezeichnet wie diese Opferdiener, sind die beiden mit dem Hinter-
teil einander zugekehrt und eng verbunden stehenden Vierfüßler
neben dem vorderen Segeltau3, während die Figurengruppe dar-
1 Ducati, Guida del Museo Civico di Bologna 1231'.; derselbe, MemAcc.
Bologna 1920—23, 2311'.; IIoernes-Menghin, Urgeschichte d. bild. Kunst
507 Abb. 1, 542, 54411.; D. Randall-MacIver, The Iron Age in Italy 4811.
Tal. 10 u. Titelblatt; Messerschmidt, Bronzezeit u. frühe Eisenzeit in Italien
33, 661. Tal. 16, 2; E. Pastor, Olymp. Spiele der Vorzeit 41 ff. Abb. 25, 26,
vgl. auch die Fragmente aus Istrien ebenda 45 Abb. 28; S. Fuchs in ,,Paolo
Orsi“ (Archivio Storico per la Calabria e la Lucania 1935) 220ff.
2 a. O. 2221.
3 Zu ihrer Erklärung mag auf eine unteritalische Kanne mit roter Malerei
(aus Saticula, 4. Jahrh. v. Chr.) verwiesen werden, die FIeydemann, Vasen-
samml. Neapel Nr. 3365 so beschreibt: „Ein nackter Jüngling steht, in jeder
Hand (zum Schlagen) einen Stock hebend, neben zwei Hunden, welche im Ge-
schlechtsakt gestört, bellend — der eine nach rechts, der andere nach links —
wegspringen, aber nicht auseinander können.“ Jedenfalls ist die Zeichnung
des Paars mit den emporgerichteten und sich überschneidenden Schwänzen
dem Bilde hier durchaus entsprechend. Auf eine schlagende Analogie macht
mich Herr C. Thiel vom Verlag Winter freundlichst aufmerksam: Paarung
von Wölfen, nach altem Stich, P. Schulze, Biologie der Tiere Deutschlands
Lfg. 32 (1931) Teil 52 (Krumbiegel, Mammalia) 249 Abb. 111.