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Salis, Arnold [Editor]; Salis, Arnold [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1936/37, 1. Abhandlung): Neue Darstellungen griechischer Sagen, 2: Picenum — Heidelberg, 1937

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https://doi.org/10.11588/diglit.41988#0055
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Neue Darstellungen griechischer Sagen: II. Picenum.

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Gericht, auf dem Heck eines Schiffes stehend, das hinter den Klip-
pen zum Vorschein kommt. Mit langen Stangen, die von den droben
sitzenden und kauernden Schergen gehandhabt werden, müssen
sich die Ärmsten gründlich unter Wasser halten lassen1. Wie nicht
anders zu erwarten, wurde auch dieses Bild zunächst mythologisch
erklärt, als die Bestrafung der tyrrhenischen Seeräuber2. Davon ist
man mit Recht abgekommen, aber daß „eine beabsichtigte Komik
unverkennbar sei“, mag man dem Urheber dieser Hypothese gerne
zugehen. Das Geschehen läßt in der Tat an drastischer Anschau-
lichkeit nichts zu wünschen übrig.
Stofflich in dieselbe Sphäre weist, wenn wir uns nicht täuschen,
auch die letzte der noch zu betrachtenden Szenen unseres Grab-
steins — rechts oben, wiederum quergestellt — die aus zwei Grup-
pen übereinander besteht. Wir sehen vier Männer, paarweise zu-
sammengekettet: nur das können die Doppellinien bedeuten, die
vom einen Unterschenkel zu demjenigen des Partners gehen; die
Art der Fesselung um den Knöchel ist die gleiche wie die bei dem un-
freiwilligen Taucher rechts auf der Lekythos. Die Leidensgenossen
der oberen Gruppe stehen einander zugekehrt, und die Bewegung
der Arme erweckt fast den Eindruck, als seien sie in lebhafter De-
batte begriffen. Auch hierfür fehlt die griechische Parallele nicht!
Man vergleiche den vielbesprochenen korinthischen Krater im
Louvre3, auf dessen Rückseite die Züchtigung zweier Bösewichter
mit so köstlichem Humor geschildert wird. Die beiden sind, eben-
falls Aug’ in Auge, mit den Hälsen in ein aus Hölzern gezimmertes
Gestell gezwängt, um die Knöchel aber mit Stricken gefesselt. Die
1 Nach der Bewegung des erhobenen rechten Arms zu urteilen, hält auch
der vorderste Mann auf der Stele eine Stange, die anscheinend mit dem Rahmen
der Wasserfläche zusammenfällt; wenn das stimmt, so wäre dies Stellungsmotiv
mit dem hochgefaßten Stab für die Datierung des Bildes von Wichtigkeit. —
Über eine andere rohe Matrosenstrafe des Altertums, das Hochbinden des Ge-
fesselten am Mast, s. F. Hauser, FR. III 58 zu Taf. 130; F. Müller, Odyssee-
Illustrationen 41.
2 Hirschfeld a. O.; Reinach, Repert. I 415 u. S. Papaspiridi scheinen
halbwegs geneigt, es zu glauben, M. Heinemann spricht etwas allgemein von
einer „Bestrafung der Piraten“.
3 Pottier, Vases E 632; Dümmler, Annlnst. 57, 1885, 128ff. Taf. D, E
= Kl. Schriften III 21 ff.; Schnabel, Kordax 35ff., 48ff., 53; Ch. Frankel,
RheinMus. 67, 1912, 94ff.; M. Bieber, Denkmäler z. Theaterwesen 129f.
Abb. 123a, b; Greifenhagen, Eine att. sf. Vasengattung u. die Darstellung
des Kosmos im 6. Jahrh. (Diss. Königsbergl929) 5 7 ff., 67, 77 Nr. 38, besonders
102 Anm. 128 (weitere Literatur).
 
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