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Arnold von Sai.is:
voneinander, wäre übrigens durchaus wahrscheinlich, ist doch dieser
nichtkriegerische Zweikampf, mit oder ohne tödlichen Ausgang,
wohl überall als eine Ablösung des ursprünglichen Menschenopfers,
der Niedermetzelung Wehrloser anzusehen. Auf diesen Wandel be-
zieht, sich auch die Stelle bei Servius, Comm. Verg. Aen. X 5911.
Einen bildlichen Beleg für den Zweikampf an der Grabstätte,
von dem Servius hier spricht, bietet ein unteritalisches Vasenge-
mälde, dessen Sinn Weege erschlossen hat2. Das Lokal wird be-
zeichnet durch eine mit Tänien und dem Bild der Seelenschlange ge-
schmückte Giebelstele, in ihrer unmittelbaren Nähe findet der
Kampf statt. Das Beispiel ist übrigens nicht vereinzelt: im Neapler
Museum sah ich eine campanische polychrome Hydria aus Atella3
mit Zweikampf vor einer weißgemalten, bebänderten Grabsäule;
von rechts stürmt ein Krieger mit Schild und gefälltem Speer auf
seinen Gegner zu, der ruhig stehend, mit aufgestützter Lanze, den
Angriff erwartet. Auch der Scheinkampf zweier Hopliten, den atti-
sche Grabvasen klassischer Zeit schildern, vermutlich als Bestand-
teil des offiziellen επιτάφιος αγών zu Ehren der im Kriege gefallenen
Athenerim Kerameikos aufgeführt, spielt sich vor einer Grabstele ab4.
Auf unserem Novilara-Stein kann das seltsame Dreieck links, da es
augenscheinlich als sachliches Requisit in den dargestellten Vorgang
miteinbezogen ist, kaum etwas anderes bedeuten als eine Ortsan-
gabe, das heißt einen Grabhügel. Und dasselbe wird man für die
beiden gleichartigen Gebilde der Fano-Stele (Tafel i unten links)
anzunehmen haben; sie sind unseres Erachtens zu der Kampfszene
darüber zu rechnen und zeigen nicht ein Schlacht-, sondern ein
1 Sane mos erat in sepulcris virorum fortium captivos necari: quod postquam
crudele visum est, placuit gladiatores ante sepulcra dimicare. qui a bustis bustuarii
appellatisunt. Zur ganzen Frage vgl. jetzt die Artikel RE. XII 185911. „Leichen-
agon“ (Malten) u. XV948ff. „Menschenopfer“, spez. 955, 3 (Schwenn).
2 Tischbein. Collection I Taf. 60; Weege a. 0. 133 Abb. 13.
3 Anscheinend nicht im Katalog von Heybemann.
4 Brueckner, AM. 35, 1910, 206ff. Taf. 10; Malten 315 Abb. 3, 316
(Anm. 3 Literatur zur Kontroverse über die von Br. vorgetragene Deutung),
330 Anm. 2. Ein weiteres Zeugnis, auf das Malten aufmerksam macht, wäre
der „Hals einer schön-rotfigurigen Amphora (Opfer am Grabe und Zweikampf)“
aus den jüngsten Schuttschichten des Kerameikos, AA. 1916,160 (Knackfuss).
Natürlich könnten auch die genannten unteritalischen Vasen solche Schau-
kämpfe zum Inhalt haben, oder „wenn auch nicht unblutige, doch nicht töd-
liche Waffenspiele“ (Weickert a. O. 24); jedenfalls aber geht es bei den häufi-
gen Lanzenduellen der oskischen Grabgemälde, die sicher sepulkralen Charak-
ters sind, grausam und blutig genug zu.
Arnold von Sai.is:
voneinander, wäre übrigens durchaus wahrscheinlich, ist doch dieser
nichtkriegerische Zweikampf, mit oder ohne tödlichen Ausgang,
wohl überall als eine Ablösung des ursprünglichen Menschenopfers,
der Niedermetzelung Wehrloser anzusehen. Auf diesen Wandel be-
zieht, sich auch die Stelle bei Servius, Comm. Verg. Aen. X 5911.
Einen bildlichen Beleg für den Zweikampf an der Grabstätte,
von dem Servius hier spricht, bietet ein unteritalisches Vasenge-
mälde, dessen Sinn Weege erschlossen hat2. Das Lokal wird be-
zeichnet durch eine mit Tänien und dem Bild der Seelenschlange ge-
schmückte Giebelstele, in ihrer unmittelbaren Nähe findet der
Kampf statt. Das Beispiel ist übrigens nicht vereinzelt: im Neapler
Museum sah ich eine campanische polychrome Hydria aus Atella3
mit Zweikampf vor einer weißgemalten, bebänderten Grabsäule;
von rechts stürmt ein Krieger mit Schild und gefälltem Speer auf
seinen Gegner zu, der ruhig stehend, mit aufgestützter Lanze, den
Angriff erwartet. Auch der Scheinkampf zweier Hopliten, den atti-
sche Grabvasen klassischer Zeit schildern, vermutlich als Bestand-
teil des offiziellen επιτάφιος αγών zu Ehren der im Kriege gefallenen
Athenerim Kerameikos aufgeführt, spielt sich vor einer Grabstele ab4.
Auf unserem Novilara-Stein kann das seltsame Dreieck links, da es
augenscheinlich als sachliches Requisit in den dargestellten Vorgang
miteinbezogen ist, kaum etwas anderes bedeuten als eine Ortsan-
gabe, das heißt einen Grabhügel. Und dasselbe wird man für die
beiden gleichartigen Gebilde der Fano-Stele (Tafel i unten links)
anzunehmen haben; sie sind unseres Erachtens zu der Kampfszene
darüber zu rechnen und zeigen nicht ein Schlacht-, sondern ein
1 Sane mos erat in sepulcris virorum fortium captivos necari: quod postquam
crudele visum est, placuit gladiatores ante sepulcra dimicare. qui a bustis bustuarii
appellatisunt. Zur ganzen Frage vgl. jetzt die Artikel RE. XII 185911. „Leichen-
agon“ (Malten) u. XV948ff. „Menschenopfer“, spez. 955, 3 (Schwenn).
2 Tischbein. Collection I Taf. 60; Weege a. 0. 133 Abb. 13.
3 Anscheinend nicht im Katalog von Heybemann.
4 Brueckner, AM. 35, 1910, 206ff. Taf. 10; Malten 315 Abb. 3, 316
(Anm. 3 Literatur zur Kontroverse über die von Br. vorgetragene Deutung),
330 Anm. 2. Ein weiteres Zeugnis, auf das Malten aufmerksam macht, wäre
der „Hals einer schön-rotfigurigen Amphora (Opfer am Grabe und Zweikampf)“
aus den jüngsten Schuttschichten des Kerameikos, AA. 1916,160 (Knackfuss).
Natürlich könnten auch die genannten unteritalischen Vasen solche Schau-
kämpfe zum Inhalt haben, oder „wenn auch nicht unblutige, doch nicht töd-
liche Waffenspiele“ (Weickert a. O. 24); jedenfalls aber geht es bei den häufi-
gen Lanzenduellen der oskischen Grabgemälde, die sicher sepulkralen Charak-
ters sind, grausam und blutig genug zu.