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Salis, Arnold [Editor]; Salis, Arnold [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1936/37, 1. Abhandlung): Neue Darstellungen griechischer Sagen, 2: Picenum — Heidelberg, 1937

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https://doi.org/10.11588/diglit.41988#0070
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62

Arnold von Salis:

dargestellt sehen — auf eine Totenehrung sich beziehen sollen1.
Der Gefahr einer zu einseitigen Interpretation einer ganzen Denk-
mälerklasse möchten wir unsere Studie nicht aussetzen; ausdrück-
lich sei betont, daß wir keineswegs einer Auffassung das Wort
geredet haben wollen, welche die Bilderwelt dieser Stelen ausschließ-
lich auf rituelle Vorgänge beziehen würde. In der Hauptsache je-
doch trifft diese Deutung ohne jeden Zweifel zu, und man wird
künftig die Grabsteine von Novilara wohl zu den wichtigsten itali-
schen Kultdenkmälern rechnen dürfen. Das Ergebnis unserer bis-
herigen Untersuchung wäre, auf knappe Formulierung gebracht,
das folgende.
Die Stele Abb. 2 stellt dar: Tier- und Fechterkämpfe, mit
anschließender Verstümmelung der Leichen, neben einem Grab-
hügel. — Die Fano-Stele Tafel 1: gleichfalls solche Kämpfe, in der
Nähe zwei Grabhügel. Unten ein Wehrloser, im Schema des „Pro-
metheus“ an einen Pfahl gefesselt, wilden Tieren ausgesetzt. Oben
Leichenspiele in Form eines Wagenrennens um den Tumulus; denn
so glauben wir jetzt die entstellte Illustration zur Ilias verstehen
zu sollen2. Von der seltsamen Metamorphose, die hier beide grie-
chischen Sagenbilder erleben mußten, wird am Schlüsse dieses
Abschnittes nochmals kurz zu reden sein. Ferner sehen wir die An-
deutung eines Schiffskampfes oder eines Landungsgefechtes. —
Die Stele Tafel 3: Schiffskampf und Segelschiff, sodann, außer den
Tiergruppen, Opferzug, Gefesselte, und die Vorbereitung zum Er-
tränken eines Menschen. Das Opfer wird dem Meeresgotte gelten,
wie in den oben genannten Fällen ja auch, und dürfte Vorkehr gegen
Schaden bedeuten, Sühne oder Bitte: bei einem Küstenvolk, das
die Dämonen der See günstig zu stimmen allen Anlaß hat, immerhin
1 Die großen Gefäße, die ausgesprochen sepulkralen Zwecken dienen,
kennen das reine Genrebild ja nicht. Außer den Sagenbildern (oben S. 38) und
eben den Schiffsszenen, bringt diese geometrische Kunst lauter Darstellungen
kultischer Art: Aufbahrung und Totenklage, Leichenzug, Reigen-u. Waffen-
tänze, Scheingefechte.
2 Für die bedeutsame Rolle des Wagenrennens im Totenkult kann hier
auf die reiche Sammlung von Malten, RM. 38/39, 1923/24, 308ff. verwiesen
werden (Epos, attische Dipylon- u. Prothesisvasen, klazomenische Sarkophage,
etruskische Grabgemälde u. a.); S. 332 wird das Umreiten des Toten bei den
Leichenspielen zu Ehren des Attila mit dem Umfahren des toten Patroklos
und dem Umreiten des Grabhügels im Beowulf verglichen. In Picenum ge-
hören die Wagen zu den kostbarsten Grabbeigaben. „In der sog. Tomba del
Duce in Belmonte wurden sogar 6 Wagen gefunden“, Messerschmidt, Bronze-
zeit u. frühe Eisenzeit in Italien 48m. Anm. 4.
 
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