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Salis, Arnold [Editor]; Salis, Arnold [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1936/37, 1. Abhandlung): Neue Darstellungen griechischer Sagen, 2: Picenum — Heidelberg, 1937

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https://doi.org/10.11588/diglit.41988#0071
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Neue Darstellungen griechischer Sagen: II. Picenum.

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verständlich genug1. Vielleicht hat das Nebeneinander dieser Opfer-
szenen und der Seefahrzeuge auf unserem Grabstein doch seinen
tieferen Sinn; auf einen Zusammenhang mit dem Totenkult zu
raten, sind wir indessen kaum berechtigt.
Als sepulkrale Symbole könnte man wohl, hätten wir Werke
der griechischen Kunst vor uns, einzelne Bildelemente auf den
Stelen zu deuten versucht sein: so den Totenkauz2 und vor allem
den Löwen; die Rolle, die letzterem im Rahmen der gesamten anti-
ken Grabmalkunst zukommt, ist ja bekannt und schon des öfteren
besprochen3. Nun aber ist es nicht einmal wahrscheinlich, daß die
Picenter Steinmetzen originale griechische Vorlagen — als solche
kämen, außer bemalten Vasen, in erster Linie getriebene oder gra-
vierte Bronzebleche in Betracht — benutzt haben sollten. Wir sind
1 Über Menschenopfer, die eine glückliche Seefahrt gewährleisten sollen,
- s. Köster, Studien z. Geschichte des antiken Seewesens 132, und besonders
Schwenn, RGW, a. O. 7,11 Anm. 4,111,125; auch Furtwangler, Gemmen
III 229 zu Taf. 21, 38. Die griechischen Sagen von der Opferung der Iphigenie
oder von Menelaos und Helena in Ägypten, die erst nach dem Abschlachten
von Kindern den ersehnten Fahrwind bekommen (Herodot II 119), sind wohl
nur auf dem Hintergründe alten Schifferbrauches denkbar und haben ihre
Parallelen in der nordischen Sage (König Wikar). In Phönizien wird beim Sta-
pellauf eines Schiffes ein Mensch unter seinem Kiel zerquetscht. Bei den Ein-
geborenen der Südsee soll das Menschenopfer zur Beschwichtigung der Wasser-
dämonen heute noch üblich sein.
2 Über die Epiphanie der Seele in Gestalt des Totenvogels s. O. Crusius,
Philologus 50, 1891, lOOf.; Weicker, Der Seelenvogel in der alten Literatur
und Kunst 27; S. 51 werden die Nachteulen als „den Sirenen wesensgleiche
Seelengenossen“ bezeichnet. Zum chthonischen Charakter des Vogels im allge-
meinen O. Waser, ARW. 16, 1913, 337ff.; die Seele in Eulengestalt bei ande-
ren Völkern 347, 348f. Vgl. auch Wellmann, RE.VI 1065ff.
3 Überden Löwen als Todesdämon Usener, De lliadis carmine quodam
Phocaico 38fL, als Grabwächter O. Keller, OJh. 4, 1901, Beibl. 52f (Romulus-
grab). Im übrigen s. Collignon, Les statuesfuner. 88ff. (oriental, u. archaisch
griech. Kunst), 226ff. (4. Jahrh. v. Chr.); Brueckner, Der Friedhof am Erida-
nos 80f. Abb. 47, 48; Buschor, AM. 51, 1926, 148f.; Kübler, AM. 55, 1930,
201 ff. Taf. 13 u. Beil. 65, 66 (Löwenstele des 5. Jh.). Siehe auch die weißgr.
Lekythos mit dem Löwen als Epithem eines Grabmals Athen N.M. 1938;
Strena Helbig. 41; Riezler, Lekythen 122f. Taf. 57; Brueckner, a. O. 109
Abb. 70. In der Grabmalerei Etruriens gehört der Löwe in der typischen Stel-
lung unseres Exemplars, mit erhobener Tatze, zu den beliebtesten Motiven;
vor allem in Giebelfeldern, stets in heraldischer Anordnung, allein oder seinem
Opfer gegenübergestellt. Auf römischen Sarkophagen hält sich der Typus bis
in die Spätzeit; als Beispiel sei genannt der Säulensarkophag im Thermen-
museum Paribeni 76 Nr. 100.
 
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