Neue Darstellungen griechischer Sagen: II. Picenum.
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Form, das auf beiden Stelen als Ralnnenmuster dient1. Das kennen
die Novilara-Steine freilich nicht. Anderseits aber ist die eigen-
artige Spiralornamentik, mit der hier die Verzierung im wesent-
lichen bestritten wird, in Italien nicht zu Hause, wohl aber auf dem
Balkan und zwar seit frühester Zeit. Und da behauptet sie sich auch
mit einer Zähigkeit, die ihresgleichen sucht, zusammen mit anderen
Überbleibseln von ähnlich hohem Alter2.
Wir berühren hier Fragen, deren Erörterung weit über den
Rahmen unseres Themas hinausgreifen würde. Nur kurz erinnert
sei an die Funde von Trebenischte auf jugoslawischem Boden, wo
Goldmasken und allerlei ornamentierte Sachen aus Edelmetall, von
unverkennbar ,,mykenischem“ Aussehen, in denselben Gräbern
mit Originalwerken griechischer Toreutik von der Wende des
sechsten zum fünften Jahrhundert Vorkommen. So lange bewahrt
hier die einheimische Bevölkerung — denn die frühere Annahme, es
sei ein Begräbnisfeld griechischer Söldner, ist durch inzwischen
gemachte Entdeckung von Frauengräbern erledigt — Bestattungs-
sitten der entlegensten Vorzeit, und mit ihnen auch den Urväter-
liehen künstlerischen Formenapparat3. Bei den griechischen Im-
portstücken aber handelt es sich um Bronzen, deren korinthische
Herkunft doch wohl als gesichert gelten kann4 5; wie denn gerade
Korinth, sei es direkt, sei es durch Vermittlung seiner Tochter-
städte Apollonia oder Epidamnos, der eigentlich treibende Faktor
bei der Verbreitung griechischer Kunsttradition nach Norden ge-
wesen sein dürfte. Auf den Novilara-Stelen sind diese Einflüsse
1 Über den Ursprung des Motivs im Orient Unger bei Ebert RV. III
386. Zu den archaischen Mustern im Formenschatz der Grab-Beigaben von
Jezerine Wilke, ebenda VI 167: „Diese Dekorationsweise, die wohl z. T. unter
griechischem Einfluß steht, setzt sich vereinzelt bis in die römische Kaiserzeit
fort, in der auch noch die tangential verbundenen Kreise als Randverzierung
der Inschriftsteine fortleben.“
2 Zur Geschichte der Spiralornamentik vgl. bes. Boehlau, Präh. Ztschr.
19, 1928, 54ff.; Jenny, Mitt. Anthr. Ges. Wien 58, 1928, 21 ff.; Ringbom,
Acta Archaeol. 4, 1933, 151 ff.; Norden, Alt-Germanien 3081; Matz,
Forsch, u. Fortschr. 11, 1935, 42 f. u. die dort angeführte Literatur.
3 Filow, Die archaische Nekropole von Trebenischte am Ochridasee
1927. Über weitere Funde daselbst Vulic, AA. 1930, 276ff. u. ÖJh. 27, 1932,
1 ff. Taf. 1, 2; 28,1933,164ff. Zur Beurteilung der mykenischen Reminiszenzen
C. Schuchhardt, Alteuropa3 (1935) 253, 285 Taf. 38.
4 Entgegen den von Rumpf, DLZ. 1928, 282 u. Pernice, GGA. 1929,
441 geäußerten Bedenken; siehe jetzt Neugebauer, Forschungen u. Fort-
schritte 7, 1931, 193ff.; Praschniker, ÖJh. 27, 1931, 106ff.
5 Sitzungsberichte d. Heidelb. Akad., phil.-hist. Kl. 1936/37. 1. Abh.
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Form, das auf beiden Stelen als Ralnnenmuster dient1. Das kennen
die Novilara-Steine freilich nicht. Anderseits aber ist die eigen-
artige Spiralornamentik, mit der hier die Verzierung im wesent-
lichen bestritten wird, in Italien nicht zu Hause, wohl aber auf dem
Balkan und zwar seit frühester Zeit. Und da behauptet sie sich auch
mit einer Zähigkeit, die ihresgleichen sucht, zusammen mit anderen
Überbleibseln von ähnlich hohem Alter2.
Wir berühren hier Fragen, deren Erörterung weit über den
Rahmen unseres Themas hinausgreifen würde. Nur kurz erinnert
sei an die Funde von Trebenischte auf jugoslawischem Boden, wo
Goldmasken und allerlei ornamentierte Sachen aus Edelmetall, von
unverkennbar ,,mykenischem“ Aussehen, in denselben Gräbern
mit Originalwerken griechischer Toreutik von der Wende des
sechsten zum fünften Jahrhundert Vorkommen. So lange bewahrt
hier die einheimische Bevölkerung — denn die frühere Annahme, es
sei ein Begräbnisfeld griechischer Söldner, ist durch inzwischen
gemachte Entdeckung von Frauengräbern erledigt — Bestattungs-
sitten der entlegensten Vorzeit, und mit ihnen auch den Urväter-
liehen künstlerischen Formenapparat3. Bei den griechischen Im-
portstücken aber handelt es sich um Bronzen, deren korinthische
Herkunft doch wohl als gesichert gelten kann4 5; wie denn gerade
Korinth, sei es direkt, sei es durch Vermittlung seiner Tochter-
städte Apollonia oder Epidamnos, der eigentlich treibende Faktor
bei der Verbreitung griechischer Kunsttradition nach Norden ge-
wesen sein dürfte. Auf den Novilara-Stelen sind diese Einflüsse
1 Über den Ursprung des Motivs im Orient Unger bei Ebert RV. III
386. Zu den archaischen Mustern im Formenschatz der Grab-Beigaben von
Jezerine Wilke, ebenda VI 167: „Diese Dekorationsweise, die wohl z. T. unter
griechischem Einfluß steht, setzt sich vereinzelt bis in die römische Kaiserzeit
fort, in der auch noch die tangential verbundenen Kreise als Randverzierung
der Inschriftsteine fortleben.“
2 Zur Geschichte der Spiralornamentik vgl. bes. Boehlau, Präh. Ztschr.
19, 1928, 54ff.; Jenny, Mitt. Anthr. Ges. Wien 58, 1928, 21 ff.; Ringbom,
Acta Archaeol. 4, 1933, 151 ff.; Norden, Alt-Germanien 3081; Matz,
Forsch, u. Fortschr. 11, 1935, 42 f. u. die dort angeführte Literatur.
3 Filow, Die archaische Nekropole von Trebenischte am Ochridasee
1927. Über weitere Funde daselbst Vulic, AA. 1930, 276ff. u. ÖJh. 27, 1932,
1 ff. Taf. 1, 2; 28,1933,164ff. Zur Beurteilung der mykenischen Reminiszenzen
C. Schuchhardt, Alteuropa3 (1935) 253, 285 Taf. 38.
4 Entgegen den von Rumpf, DLZ. 1928, 282 u. Pernice, GGA. 1929,
441 geäußerten Bedenken; siehe jetzt Neugebauer, Forschungen u. Fort-
schritte 7, 1931, 193ff.; Praschniker, ÖJh. 27, 1931, 106ff.
5 Sitzungsberichte d. Heidelb. Akad., phil.-hist. Kl. 1936/37. 1. Abh.