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Salis, Arnold [Hrsg.]; Salis, Arnold [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1936/37, 1. Abhandlung): Neue Darstellungen griechischer Sagen, 2: Picenum — Heidelberg, 1937

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https://doi.org/10.11588/diglit.41988#0076
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Arnold von Saus:

haben wir es mit einem Prozeß ganz anderer Art zu tun: das miß-
verstandene Vorbild erfährt eine neue, an sich durchaus sinnvolle
Auslegung. Die Fano-Stele Tafel 1 allein bietet zwei Beispiele einer
solchen Umdeutung. Die Geschichte der einen haben wir S. 26 ff.
und 62 schon kurz skizziert. Aus einem typischen Schlachtenbild
der archaischen Kunst entwickelt sich — durch Hinzutritt von
Tümulus, Eidolon und Hektors Leichnam — die Illustration eines
bestimmten Sagenmotivs. Im weiteren Verlauf verflüchtigt sich
dieser spezielle Inhalt wieder, der tote Held gerät in Wegfall, auch
das flatternde Schattenbild des Patroklos; übrig bleiben Grabhügel
und galoppierendes Gespann mit Lenker, das Ganze wird so zum
Wagenrennen um das Grab. Das heißt, auf der unmittelbaren Vor-
lage oder in dem auf dem Stein vielleicht bloß angelegten Entwurf;
daß die ausführende Hand der Zeichnung wieder einen anderen
Sinn unterschob, wurde oben Seite 22 gezeigt.
Viel merkwürdiger erscheint uns das zweite Beispiel. Denn da
ist aus der „Befreiung des Prometheus“ durch Kombination mit
einem anderen Bildschema eine ganz neue Geschichte entstanden!
Wohl flattert der pfeildurchbohrte Adler noch in der Höhe; allein
nicht von ihm droht dem Gefesselten das Verderben, sondern von
der Bestie, die aus der Ferne herangeschlichen kommt. Der Löwe
sowohl wie der Baum mit dem Kauz darauf haben sich uns als rein
griechische Typen zu erkennen gegeben. Es ist aber mit der Mög-
lichkeit zu rechnen, daß sie aus einer und derselben Quelle stammen,
und daß auch diese Gruppe bloß den versprengten Überrest eines
figürlichen Ganzen, den Ausschnitt aus einem Bilde erzählenden
Inhalts darstellt. Und beiden Teilen, die hier zu einer recht dramati-
schen Szene verbunden sind, würde dieselbe Hauptperson fehlen:
der Bitter ohne Furcht und Tadel, Herakles der Befreier. Auf einer
lakonischen Schale des sechsten Jahrhunderts aus Jalysos1 sehen
wir das Löwenabenteuer des Herakles in höchst eigenartiger Weise
illustriert: er hält das brüllende Tier an einer Leine, mit der er es
eingefangen, fest2. Über dem Blicken des Löwen erscheint eine Eule,
aber nicht im Fluge wie sonst wohl3, sondern seßhaft, mit geschlos-
1 Clara Rhodos III 121 ff. Abb. 115 Tal. B; CVA. Italia427, 2 (IX Rodi
I 2 III D) u. 429 (Taf. 3).
2 Die Deutung ist wohl nicht anzufechten, um so weniger, als auch die
andere Hälfte des Schalenrundbildes ein mythologisches Bild enthält (Rück-
führung des Hephaistos durch Dionysos).
3 Z. B. Rückseite der Burgon-Amphora, Monlnst. X Taf. 48 k (Brit.
Mus. II B130): Atlienas Eule über den siegreichen Pferden.
 
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