Neue Darstellungen griechischer Sagen: II. Picenum.
73
grund eines architektonischen Prospekts verlangt. Anderseits je-
doch sehen wir plastisch empfundene Gestalten, ja ganze Rundkom-
positionen in „malerischer“ Gruppierung, wie sie erst die völlige
Befreiung aus Flächenbann und archaischer Verzaubertheit über-
haupt möglich macht, wiederum in einem Grade entsinnlicht, der
wesentlichen künstlerischen Ausdrucksmittel beraubt, auf hand-
feste Deutlichkeit gestimmt, daß ihr Aussehen wirklich der Einfalt
von Kinderzeichnungen nahekommt* 1. Ursprünglich feingeschliffene
Wortkunst klassischen Stils, in das ungeschlachte Idiom einer
Vulgärsprache übersetzt.
Die Verschmelzung beider, wurzeihaft verschiedener Arten
einer scheinbaren Primitivität ist es, die diesen Novilara-Bildern
ihr Gepräge und ihr besonderes Interesse verleiht. Sie ist an sich
zeitlos, könnte so noch Jahrhunderte später wiederkehren. Als
Zeugnis hierfür sei ein Denkmal angeführt, das gleichfalls dem Bo-
den Italiens entstammt, eine mit flüchtigen Graffiti verzierte
Steinplatte aus Ostia2. Die einzelnen Figuren sind lose im Bikl-
hierzu die Anregung gegeben hat. Die frühesten erhaltenen Beispiele sind ge-
schnittene Steine und etruskische Spiegel, aber wahrscheinlich machten auch
die Gemälde von Panainos und Parrhasios sich diese Lösung zu eigen. Sie hat
in der Folge den Marterpfahl, das bei Hesiod verwendete Motiv (s. oben S. 19),
völlig verdrängt. Furtwängler, AZ. 1885, 223ft. und Antike Gemmen III
204f.; Bapp bei Roscher III 30931Ϊ. Abb. 5 a, b. Über die Prometheusgemälde
der jüngeren Zeit und ihren Einfluß auf Darstellungen der Plastik O. Jaha1,
ArchäoL Beitr. 226ff.; Milchhoefer, 42. WPr. Berl. 1882, 15ff.; Möbius,
AM. 55, 1930, 273ff.
Die wichtige und wertvolle Arbeit von Iveramopullos, Ό άποτυμπανισμός,
in der S. 62 ff. auch die Marter des Prometheus ausführlich behandelt wird,
ist leider zu spät in meine Hände gelangt, um in der vorliegenden Schrift
die gebührende Berücksichtigung finden zu können.
1 Ein Beispiel aus unserer Rheinpf alz: die Felszeichnungen am Brunholdis-
stuhl bei Bad Dürkheim, die nach den neuesten Untersuchungen sicher erst
in der römischen Kaiserzeit, und zwar von den in dem Steinbruch beschäftig-
ten Arbeitskommandos der Mainzer Garnison, in die Felswände eingegraben
worden sind. Zuletzt F. Sprater, Forschungen und Fortschritte 11, 1935,
298ff.; A. Stoll, Mannheimer Geschichtsblätter 1935, 7—58 Abb. 1—44
(S. 57 Literatur). Sie enthalten, neben allerlei Tierbildern und Symbolen, die
sich auf einheimischen Sonnenkult zu beziehen scheinen, auch menschliche
Figuren in Vorderansicht; und trotz Ungeschick und Roheit der Ausführung,
die sich derjenigen unserer Stelen wohl vergleichen läßt, ist die Erinnerung an
bekannte Typen der rheinischen Militärgrabsteine noch lebendig, z. B. Stoll,
Abb. 35; C. Schuchhardt, Deutsche Vor- und Frühgeschichte in Bildern
(1936) Taf. 63, 256.
2 Calza, NSc. 1914, 290 Abb. 7.
73
grund eines architektonischen Prospekts verlangt. Anderseits je-
doch sehen wir plastisch empfundene Gestalten, ja ganze Rundkom-
positionen in „malerischer“ Gruppierung, wie sie erst die völlige
Befreiung aus Flächenbann und archaischer Verzaubertheit über-
haupt möglich macht, wiederum in einem Grade entsinnlicht, der
wesentlichen künstlerischen Ausdrucksmittel beraubt, auf hand-
feste Deutlichkeit gestimmt, daß ihr Aussehen wirklich der Einfalt
von Kinderzeichnungen nahekommt* 1. Ursprünglich feingeschliffene
Wortkunst klassischen Stils, in das ungeschlachte Idiom einer
Vulgärsprache übersetzt.
Die Verschmelzung beider, wurzeihaft verschiedener Arten
einer scheinbaren Primitivität ist es, die diesen Novilara-Bildern
ihr Gepräge und ihr besonderes Interesse verleiht. Sie ist an sich
zeitlos, könnte so noch Jahrhunderte später wiederkehren. Als
Zeugnis hierfür sei ein Denkmal angeführt, das gleichfalls dem Bo-
den Italiens entstammt, eine mit flüchtigen Graffiti verzierte
Steinplatte aus Ostia2. Die einzelnen Figuren sind lose im Bikl-
hierzu die Anregung gegeben hat. Die frühesten erhaltenen Beispiele sind ge-
schnittene Steine und etruskische Spiegel, aber wahrscheinlich machten auch
die Gemälde von Panainos und Parrhasios sich diese Lösung zu eigen. Sie hat
in der Folge den Marterpfahl, das bei Hesiod verwendete Motiv (s. oben S. 19),
völlig verdrängt. Furtwängler, AZ. 1885, 223ft. und Antike Gemmen III
204f.; Bapp bei Roscher III 30931Ϊ. Abb. 5 a, b. Über die Prometheusgemälde
der jüngeren Zeit und ihren Einfluß auf Darstellungen der Plastik O. Jaha1,
ArchäoL Beitr. 226ff.; Milchhoefer, 42. WPr. Berl. 1882, 15ff.; Möbius,
AM. 55, 1930, 273ff.
Die wichtige und wertvolle Arbeit von Iveramopullos, Ό άποτυμπανισμός,
in der S. 62 ff. auch die Marter des Prometheus ausführlich behandelt wird,
ist leider zu spät in meine Hände gelangt, um in der vorliegenden Schrift
die gebührende Berücksichtigung finden zu können.
1 Ein Beispiel aus unserer Rheinpf alz: die Felszeichnungen am Brunholdis-
stuhl bei Bad Dürkheim, die nach den neuesten Untersuchungen sicher erst
in der römischen Kaiserzeit, und zwar von den in dem Steinbruch beschäftig-
ten Arbeitskommandos der Mainzer Garnison, in die Felswände eingegraben
worden sind. Zuletzt F. Sprater, Forschungen und Fortschritte 11, 1935,
298ff.; A. Stoll, Mannheimer Geschichtsblätter 1935, 7—58 Abb. 1—44
(S. 57 Literatur). Sie enthalten, neben allerlei Tierbildern und Symbolen, die
sich auf einheimischen Sonnenkult zu beziehen scheinen, auch menschliche
Figuren in Vorderansicht; und trotz Ungeschick und Roheit der Ausführung,
die sich derjenigen unserer Stelen wohl vergleichen läßt, ist die Erinnerung an
bekannte Typen der rheinischen Militärgrabsteine noch lebendig, z. B. Stoll,
Abb. 35; C. Schuchhardt, Deutsche Vor- und Frühgeschichte in Bildern
(1936) Taf. 63, 256.
2 Calza, NSc. 1914, 290 Abb. 7.