4. Ubi est qui natus est rex Iudaeorum (n. 21—22).
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21. Du wirst dir in vielen Punkten mit diesem Gleichnis in
der häufig aufgeworfenen Frage helfen können: wo war
Gott, bevor oder ehe er den Himmel und die Erde er-
schuf? Die Frage setzt etwas Falsches voraus, daß nämlich ein
Wo oder Ort war, als es dergleichen noch nicht gab, und daß die
Zeit war, ehe sie war. Denn da Ort und Zeit nicht vor der Er-
schaffung oder vor dem Himmel und der Erde sind, setzt die Frage
etwas Falsches voraus. Wenn daher auf die Frage, wo Gott war,
ehe er Himmel und Erde erschuf, geantwortet würde, daß er nicht
war — in dem Sinne: wäre er gewesen, so wäre er in der Zeit
gewesen; 'war’ ist nämlich der Ausdruck für eine Zeit, die <doch>
noch nicht war —, so wäre diese Antwort nicht unrichtig. Es ist
nämlich dasselbe, wie wenn man fragte: wo war die Ewigkeit, als
noch keine Zeit war? Die Frage ist töricht, weil sie den Wider-
spruch einschließt, die Ewigkeit sei nicht Ewigkeit, weil zeitlich
bestimmt. Denn wäre sie irgendwo gewesen, so wäre sie in Raum
und Zeit gewesen; diese aber fassen das Unendliche und Ewige
nicht und waren auch vor dem Himmel und der Erde nicht.
22. So kann man auch auf die Frage: was tat Gott vor der
Erschaffung der Welt (welche Frage Augustinus im 11. Buch
der Bekenntnisse behandelt), und warum erschuf Gott die
Welt nicht eher? antworten, die Frage setze etwas Falsches
voraus, daß es nämlich ein Eher gab, als die Welt noch nicht war.
Denn ein Eher gibt es nicht ohne Zeit, da 'eher5 und "später’ zeitliche
Unterschiede sind; und weil es kein Eher gab, darum hat er auch
nicht eher erschaffen. Sagt man nun: war Gott nicht eher als die
Welt? so lautet die Antwort: wenn 'eher’ ein Unterschied in der
Zeit ist, so schließt die Frage einen Widerspruch ein. So setzt auch
5. cf. De Docta Ignorantia II c. 2, p. 67, 5.
8. (Deus) non fuit etc. CUSANUS ipse non haesitat forma praeteriti uti;
cf. supra p. 78, 13: „antequam mundus esset, erat (Verbum divinum).“
15. c/. AUGUSTINUS Confess. XI c. 13 n. 15 (CSEL XXXIII 291, 7):
„Si ergo ante caelum et terram nullum erat tempus, cur quaeritur, quid tunc
faciebas?“ Laudat ECHARDUS l. c. n. 218 (lOlrb).
16. ECHARDUS ad hanc quaestionem l. c. n. 217—218 (lOlra—b) re-
spondet et sententiam AUGUSTINI secundum Confess. XI c. 10—13 diffuse
allegat.
18—22. cf. ECH ARDU S n. 214 [100 ob): „Unde cuidam sciolo volenti probare
aeternitatem mundi et quaerenti, quare Deus mundum non prius creavit et
postea creaverit, respondi quidem ad hominem, quod Deus non potuit mun-
dum prius creare, quia ante mundum et tempus non fuit prius.“ Cf. ibidem
n. 217. Sermo XLV n. 458 [158rb), ubi CUSANUS in marg. notat: „questio“.
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21. Du wirst dir in vielen Punkten mit diesem Gleichnis in
der häufig aufgeworfenen Frage helfen können: wo war
Gott, bevor oder ehe er den Himmel und die Erde er-
schuf? Die Frage setzt etwas Falsches voraus, daß nämlich ein
Wo oder Ort war, als es dergleichen noch nicht gab, und daß die
Zeit war, ehe sie war. Denn da Ort und Zeit nicht vor der Er-
schaffung oder vor dem Himmel und der Erde sind, setzt die Frage
etwas Falsches voraus. Wenn daher auf die Frage, wo Gott war,
ehe er Himmel und Erde erschuf, geantwortet würde, daß er nicht
war — in dem Sinne: wäre er gewesen, so wäre er in der Zeit
gewesen; 'war’ ist nämlich der Ausdruck für eine Zeit, die <doch>
noch nicht war —, so wäre diese Antwort nicht unrichtig. Es ist
nämlich dasselbe, wie wenn man fragte: wo war die Ewigkeit, als
noch keine Zeit war? Die Frage ist töricht, weil sie den Wider-
spruch einschließt, die Ewigkeit sei nicht Ewigkeit, weil zeitlich
bestimmt. Denn wäre sie irgendwo gewesen, so wäre sie in Raum
und Zeit gewesen; diese aber fassen das Unendliche und Ewige
nicht und waren auch vor dem Himmel und der Erde nicht.
22. So kann man auch auf die Frage: was tat Gott vor der
Erschaffung der Welt (welche Frage Augustinus im 11. Buch
der Bekenntnisse behandelt), und warum erschuf Gott die
Welt nicht eher? antworten, die Frage setze etwas Falsches
voraus, daß es nämlich ein Eher gab, als die Welt noch nicht war.
Denn ein Eher gibt es nicht ohne Zeit, da 'eher5 und "später’ zeitliche
Unterschiede sind; und weil es kein Eher gab, darum hat er auch
nicht eher erschaffen. Sagt man nun: war Gott nicht eher als die
Welt? so lautet die Antwort: wenn 'eher’ ein Unterschied in der
Zeit ist, so schließt die Frage einen Widerspruch ein. So setzt auch
5. cf. De Docta Ignorantia II c. 2, p. 67, 5.
8. (Deus) non fuit etc. CUSANUS ipse non haesitat forma praeteriti uti;
cf. supra p. 78, 13: „antequam mundus esset, erat (Verbum divinum).“
15. c/. AUGUSTINUS Confess. XI c. 13 n. 15 (CSEL XXXIII 291, 7):
„Si ergo ante caelum et terram nullum erat tempus, cur quaeritur, quid tunc
faciebas?“ Laudat ECHARDUS l. c. n. 218 (lOlrb).
16. ECHARDUS ad hanc quaestionem l. c. n. 217—218 (lOlra—b) re-
spondet et sententiam AUGUSTINI secundum Confess. XI c. 10—13 diffuse
allegat.
18—22. cf. ECH ARDU S n. 214 [100 ob): „Unde cuidam sciolo volenti probare
aeternitatem mundi et quaerenti, quare Deus mundum non prius creavit et
postea creaverit, respondi quidem ad hominem, quod Deus non potuit mun-
dum prius creare, quia ante mundum et tempus non fuit prius.“ Cf. ibidem
n. 217. Sermo XLV n. 458 [158rb), ubi CUSANUS in marg. notat: „questio“.