Metadaten

Nikolaus [Hrsg.]; Koch, Josef [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1936/37, 2. Abhandlung): Vier Predigten im Geiste Eckharts — Heidelberg, 1937

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.41989#0111
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
4. Ubi est qui natus est rex Iudaeorum (n. 24—25).

111

Zeit’ verstanden. Man könnte sagen: die Zeit war also immer?
ich antworte ja. Denn das besagt nichts anderes, als daß die Zeit
zu aller Zeit war, oder daß die Zeit immer Zeit war. Man könnte
sagen: wenn die Welt immer war, warum sagt man denn, daß noch
nicht 7000 Jahre seit ihrem Anfang vergangen sind ? Die Antwort
lautet: immer ist nicht ewig noch ohne Ausdehnung, weil es nicht
ohne Zeit ist, und sein Maß wird nach soviel Sonnenumdrehungen
berechnet. Man könnte sagen: ich stelle mir vor, daß es mehr
Jahre gewesen sind. Ich sage, die Vorstellungskraft bleibt inner-
halb der Ausdehnung, und es gibt keine Ausdehnung, über die
hinaus man sich keine größere vorstellen könnte. Wie aber die
Vorstellungskraft irrt, wenn sie sich das Himmelsgewölbe als Aus-
dehnung vorstellt, und zwar in der Weise, daß jemand der auf dem
Gewölbe säße, seinen Arm ausstrecken könnte, so sage ich, daß
die Vorstellung, nach der jemand sich vorstellt, die Welt könne
größer sein, falsch ist. Denn sie meint, es könne zwischen der un-
endlichen Größe Gottes und der endlichen Größe der Welt noch
eine mittlere geben, und das ist falsch. In gleicher Weise sage ich,
die Vorstellung ist falsch, nach der man sich vorstellt, vor dem
Immer gebe es eine Zeit, und vor der Zeit eine Bewegung; diese
kann aber nicht ohne Zeit sein. Daher macht uns der Prophet,
der hinsichtlich der Vergangenheit eine bestimmte Zeitdauer ver-
merkt, klar, daß die Vorstellung einer darüber hinausgehenden Zeit-
dauer irrig ist.
25. Man könnte fragen: konnte Gott die Welt eher schaf-
fen? Ich antworte: diese Frage schließt wie die übrigen bereits
erwähnten einen Widerspruch ein, daß nämlich vor der Schöpfung
ein Geschöpf sein könne. Wie daher keinerlei Ausdehnung die un-
endliche Größe ausschöpft, so auch nicht die Zeit die Ewigkeit.
Daher faßt man die unendliche und ewige Macht Gottes, die kann,
BERNARDUS DE TRILIA a. d. 1284 disputabat in secundo Quolibet quae-
stionem (13), utrum aliquod corpus posset esse supra convexum caeli empyrei
(c/. P. GLORIEUX, La litteraiure quodlibetique de 1260 ä 1320, Kain 1925, 103).
Secundum THOMAM Quol. VI q. 2 a. 3 angeli et corpora glorificata in convexo
caeli esse possunt, quia non iani a primo continente, id est a caelo empyreo
universum mundum terminante, dependent. 14. Ps. 144, 3.
21 — 112, 3. CUSANUS respondet alteri obiectioni theologorum Avenio-
nensium: „Dicere eciarn quod Deus non potuit mundum producere, antequam
produxit, est hereticum; quia Deus antequam mundum produceret, fuit per-
fecte omnipotens; per cuiusmodi omnipotenciam potuit mundum producere
in multis aliis instantibus prioribus quam produxit.“ L. c. 1109, 24—28.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften