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Nikolaus [Hrsg.]; Koch, Josef [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1936/37, 2. Abhandlung): Vier Predigten im Geiste Eckharts — Heidelberg, 1937

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https://doi.org/10.11588/diglit.41989#0135
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5. Loquimini ad petram (n. 16 —17). 135
10. Achte auf den Unterschied zwischen der zeitlichen und der
ewigen Zeugung. Denn bei der zeitlichen Zeugung teilt der Vater
seinem Sohn ein zeitlich begrenztes Zeugungsvermögen mit. Denn
die Kraft des väterlichen Samens wird durch die Hingabe im Sohn
zum Zeugungsquell, wie sie es im Vater war: so wird die Kraft
des Geistes Christi, die einen geistigen Sohn formt oder zeugt, in
ihm zu einem Quell, der Natur des Geistes entsprechend, zu einem
Quell nämlich, der sich durch sich selbst ewig lebendig bewegt.
Daher ist der Same göttlich, nämlich geistig. Denn ,,Gott ist ein
Geist“. Bemerke, daß diese Gehurt Wiedergeburt heißt, weil un-
sere geistige Natur von neuem geboren werden muß. Wie der ver-
nünftige Geist im Wissenden von neuem gehören ist, weil der seiner
Natur nach unwissende Mensch in dieser Hinsicht ein anderer ge-
worden ist, nämlich ein wissender — nicht als wäre von außen
her etwas Sichtbares oder Vorstellbares in den inneren Menschen
hineingekommen —, so wird unser Geist, in dem der Same Gottes
oder der Wissenschaft vom Lehen ist, von neuem geboren, nicht
durch Einsenkung von etwas Sichtbarem oder Denkbarem, son-
dern durch die Kraft des Allerhöchsten, der den Geist überschattet,
ihn verwandelt und zu sich hinwendet, wie ein lieblicher Gegen-
stand eine traurige Seele zur Freude wandelt und zu sich hinwendet.
Wie daher der Sohn Gottes durch die Kraft des Allerhöchsten in
der zweiten Geburt eines Menschen Sohn geworden ist, so wird
des Menschen Sohn in der zweiten Geburt durch die Kraft des
Allerhöchsten Sohn Gottes.
17. Bemerke noch, daß uns der Verstand gegeben worden ist
mit der Kraft zu geistigem Samen; daher enthält er in sich einen
Quellgrund, aus dem er in sich selbst das Wasser der Einsicht er-
zeugt. Und dieser Quell kann nur Wasser seiner Natur entspre-
chend hervorbringen, nämlich menschliches Verständnis, wie die
Einsicht in das Prinzip, ein jedes ist oder ist nicht4 die Wasser der
Metaphysik hervorbringt, aus denen die anderen Ströme der Wissen-
schaft unaufhörlich fließen. Wenn nun ein höherer, göttlicher Wirk-
grund, der die Verstandesnatur überragt und Glaube genannt wird,
von Gott dem Geiste eingegossen würde, so würde jener göttliche
Quell lebendige, wahre und ewige Wasser ausströmen. So sind
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Met. r 3 (1005 b 23): äSuvaxov yap ovtivoüv tocutov uTO^oc[xßdcvsiv elvai xocl
(V stvoa, xaLdbrsp -avsp olovxai Xeyeiv ' HpaxAsirov.“
30—136, 3. cf. loh. 7, 38seq.
 
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