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Ranke, Hermann; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1936/37, 3. Abhandlung): Grundsätzliches zum Verständnis der ägyptischen Personennamen in Satzform — Heidelberg, 1937

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https://doi.org/10.11588/diglit.41990#0007
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Grundsätzliches zum Verständnis der ägyptischen Personennamen.

1

Bei diesen Namen, die meist eine Aussage oder einen Wunsch,
bisweilen aber auch einen Ausruf oder eine Frage wiedergeben, und
deren Inhalt ebenfalls teils profaner, teils religiöser Art ist, kommt
für ein richtiges Verständnis ihres Sinnes alles darauf an, daß wir
uns darüber klar werden, wer als der Sprecher dieser Sätze zu
denken ist1, hei welcher Gelegenheit sie gesprochen worden sind,
und auf wen sich die in ihnen oft enthaltenen pronominalen Suffixe
beziehen.
Ich gebe zunächst ein paar Beispiele von Satznamen aus den
verschiedenen Zeiten der ägyptischen Geschichte:
AR htp-n.j-pth ,,möge Ptah mir gnädig sein!“ (258, 14)2
MR ntr.j-n(.j)-m-dw „mein Gott ist mir ein Berg“ (214, 21)
NR sfo-htj.j-lmn „mein Herz möge Amons gedenken“ (319, 4)
Spät bwpw-lmn-h'(.j) „Amon hat mich nicht verlassen“
(418, 17).
Die Frage ist also: wer spricht diese Sätze ? Bzw. als wessen Aus-
spruch sind sie ursprünglich gedacht ?
Das Nächstliegende könnte nun sein anzunehmen, daß wie in
jenen attributiven Namen der Träger als Diener, Kind usw. der
Gottheit bezeichnet wird, so auch hier der Satz als von dem Träger
gesprochen aufzufassen sei, daß das „mein“, „mir“, „mich“ sich
also auf ihn selbst beziehe, und daß er hei dem Aussprechen des
eigenen Namens gewissermaßen ein Bekenntnis oder ein Gelübde
ablege -— wobei dann nur noch zu fragen wäre, was etwa ein Satz
wie „Amon hat mich nicht verlassen“ im Munde des Namenträgers
genauer zu bedeuten habe.
Gegen diese Annahme bestehen aber die größten Bedenken.
An sich schon will es mir scheinen, daß der ausgesprochene
Wirklichkeitssinn, der für die Ägypter so sehr bezeichnend ist, gegen
eine solche Annahme spricht. Wenn ein ägyptischer Name aus
einem Satze besteht, so kann das seinen Anlaß nur darin haben,
daß dieser Satz wirklich einmal ausgesprochen worden ist3. Da wir
aber nicht den geringsten Anhalt dafür haben, daß derartige Satz-
1 Ich spreche hier und in allem Folgenden selbstverständlich nur von der
Entstehung dieser Namen. Daß sie, sobald sie einmal geschaffen waren, sich
vom Großvater auf den Enkel usw. fortgeerbt haben, versteht sich von selbst.
2 Die hier und im Folgenden gegebenen Zahlen beziehen sich auf mein
Buch „Die ägyptischen Personennamen“ Bd. 1, Glückstadt 1935.
3 Auch die ein Gebäude als Namen bezeichnenden Sätze werden gewiß
einmal — etwa bei der Grundsteinlegung oder bei dem Abschluß des Baues —
feierlich ausgesprochen worden sein.
 
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