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Ranke, Hermann; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1936/37, 3. Abhandlung): Grundsätzliches zum Verständnis der ägyptischen Personennamen in Satzform — Heidelberg, 1937

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https://doi.org/10.11588/diglit.41990#0012
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12

Hermann Ranke:

in ihrem Leibe in diesem deinem Namen s\h-r !“, beim dritten: ,,sei
nicht dunkel“ (kkw) in ihrem Leibe in diesem deinem Namen kkw 1“
Es ist klar, daß diese Schilderung der Geburt der drei Könige
zu den märchenhaften Zügen der Erzählung gehört, die sich um
allem Anschein nach wirklich geschichtliche Ereignisse1 gerankt
haben — als Hebammen erscheinen Göttinnen, die Kinder sind
nicht von Fleisch und Blut, sondern aus Gold und Lapislazuli —,
und auch der späte Versuch, drei uralte Königsnamen zu erklären,
ist mißlungen2. Aber eins ist doch unbestreitbar: Wenn der ägyp-
tische Erzähler berichten darf, daß die Namen der Könige auf Aus-
sprüche von Göttinnen bei ihrer Geburt zurückgehen, so muß ihm
und seinen Hörern geläufig gewesen sein, daß man Kindern den
Namen bei der Geburt beizulegen pflegte, und daß die Form des
Namens häufig in Beziehung stand zu Aussprüchen, die bei
der Geburt gefallen waren. Es scheint mir also nicht nur unbe-
denklich sondern methodisch berechtigt, wenn wir aus dem Mär-
chen heraus diese beiden Sitten für die geschichtlichen Ägypter
erschließen. Damit ist aber für das Verständnis der eingangs ge-
schilderten Satznamen viel gewonnen. Man wird untersuchen müs-
sen, ob sie nicht am besten zu verstehen sind, wenn man ihren
Inhalt mit der Geburt selbst irgendwie in Beziehung bringt, und
der Gedanke drängt sich auf, sie möchten ihre Satzform eben dem
Umstande verdanken, daß ein bei Gelegenheit der Geburt gespro-
chener Satz zum Namen geworden ist. Die Frage bleibt, wer diesen
Satz gesprochen hat — im Märchen ist es die als Hebamme täti-
ge Göttin Isis —, aber ehe ich hierauf eingehe, empfiehlt es sich
noch, eine Anzahl von Nachrichten über Zeit und Art der Namen-
gebung heranzuziehen, die von einem anderen Volke des alten
Orients uns erhalten sind, nämlich von den Israeliten3. Und zwar
empfiehlt sich das um so mehr, als die israelitischen Personen-
namen nicht nur in der Form des Satzes, sondern vielfach auch
inhaltlich den ägyptischen ganz ähnlich sind. Um nur ein paar
Beispiele zu geben, erwähne ich hebräisch llta'OK „mein Vater ist
gut“ neben ägyptisch itf (.])-nfr mit der gleichen Bedeutung, hebrä-
1 Vgl. Ed. Meyer, Gesch. d. Altert.2 1 (1909), S. 187f.
2 Die drei ersten Könige der 5. Dyn. heißen wsr-h.f, sih.wj-r und k’.k’.j.
Zur Schreibung des letzten Names als kkj vgl. übrigens Engelbach, Annales
34, 157 f.
3 Aus Babylonien und Assyrien scheinen entsprechende Nachrichten
ebenso zu fehlen wie aus Südarabien oder von den Aramäern.
 
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