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Ranke, Hermann; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1936/37, 3. Abhandlung): Grundsätzliches zum Verständnis der ägyptischen Personennamen in Satzform — Heidelberg, 1937

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https://doi.org/10.11588/diglit.41990#0014
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Hermann Ranke:

Im übrigen ist es mehrfach der Vater, sonst aber immer die Mutter
— bzw. deren Herrin, wo eine Magd die Mutter ist — die den Aus-
spruch tut und den Namen gibt* 1. Da im ägyptischen Märchen die
Benennung durch die göttliche Hebamme — eben durch die gött-
liche Abkunft der Kinder — besonders begründet ist, so kann dieser
Bericht nicht etwa als ein Argument gegen die Benennung durch
die Eltern ins Feld geführt werden. Es bleibt sehr wohl möglich,
daß, wie in Israel, so auch in Ägypten die Benennung durch die
Hebamme zwar vorkam, daß aber in der Regel die Mutter oder der
Vater dem Kinde den Namen gegeben hat2.
Ehe wir nun daraufhin die ägyptischen Personennamen durch-
mustern, ist noch eine Nachricht aus dem heutigen Brauchtum am
Nil heranzuziehen, die für unsere Frage von Bedeutung ist, und die
zwar nicht aus Ägypten selbst aber aus dem unmittelbar südlich
angrenzenden Nubien stammt3.
Heinrich Schäfer hat in seinem ,,nubischen Frauenleben4“
u. a. einen Bericht des nubischen Missionshelfers Samuel veröffent-
licht, in dem dieser über die Sitten seiner Landsleute bei der Hoch-
zeit und bei der Geburt Auskunft gibt. Hier erfahren wir auf S. 225 f.
Folgendes: „Wehklagen und Schreien erhebt sich beständig von der
stößig (so auch Kautzsch 1909), was das hohe Alter dieser Sitte bezeugen
würde.
1 Löhr (a. a. O., S. 24) hat 28 durch die Mutter (bei denen er allerdings
merkwürdigerweise Gen. 38, 29 u. 30 mit einrechnet!) und 18 durch den Vater
vollzogene Namensgebungen im Alten Testament gezählt.
2 Vgl. oben S. 10.
3 Ob es sich hier um Bräuche handelt, die im Altertum — wie so vieles
Andere — von Ägypten in die nubische Provinz getragen worden sind und sich
unter den primitiven Eingeborenen dort erhalten haben, oder ob ein gemein-
samer Ursprung anzunehmen ist, wage ich nicht zu entscheiden. — Über ent-
sprechende Sitten im heutigen Ägypten selbst ist weder bei Lane, The Manners
and Customs of the Modern Egyptians (London 1836) noch bei W. Blackman,
The fellahin of Upper Egypt (London etc. 1927) noch auch in dem ausgezeich-
neten neuen Buche von H. Winkler, (Ägypt. Volkskunde, Leipzig 1936)
etwas zu finden. Die Namengebung findet bei den Fellachen des heutigen
Ägyptens nach Winkler (a. a. O., S. 310) mehrere Tage nach der Geburt statt,
und zwar so, daß unter mehreren von dem Vater des Kindes und verschiedenen
Gästen vorgeschlagenen Namen die Mutter endgültig denjenigen wählt, der
ihr am besten gefällt.
4 Nubisches Frauenleben. Texte im Kunüzi-Dialekt (Mundart von Abu-
hör) von Samuel Ali Hisen. Übersetzt und sprachlich wie sachlich erklärt von
Heinrich Schäfer (Mitteilungen des Seminars f. oriental. Sprachen zu Berlin,
Jahrg. 38, [1935] Abt. 3, S. 201 ff.).
 
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