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Hermann Ranke:
direkten Beziehung auf den Geburtstag des Trägers ganz allein zu
stehen.
Ich glaube aber, wenn wir die eben genannten Festnamen rich-
tig deuten, wird diese scheinbare Lücke in der ägyptischen Namen-
gebung sich füllen. Sie bekommen alsbald einen lebendigen Sinn,
wenn wir annehmen, daß das so genannte Kind eben an dem Tage
des Festes zur Welt kam, für das dieser Ausruf charakteristisch war.
Die Mutter, glücklich über die überstandene Geburt, fühlt sich in
ihrer Wochenstube eins mit den draußen im Tempelbezirk feiern-
den Angehörigen. So stimmt sie aus der Ferne in ihren Festruf ein,
und dieser Ruf wird zum glückbringenden Namen des an solchem
Tage Geborenen1.
Auch die zahlreichen, aus einem Gottesnamen mit dem Zu-
satze -msj-(.w) „ist geboren worden“ bestehenden Männernamen2
gehören hierher wie etwa dhwtj-mJj(. w) „Thot ist geboren!“, das
griechische -8-out[xcog(,<;, oder hr(.w)-msj(.w) „Horus ist geboren“,
das uns keilschriftiich als häramassi überliefert ist. Sie geben den
Freudenruf am Geburtsfeste eines Gottes wieder und erinnern uns
aufs lebhafteste an das „Christ ist erstanden!“ bei der Osterfeier
der griechischen Kirche.
Nach dem bisher Ausgeführten möchte ich als vorläufigen
Grundsatz für die Übersetzung der ägyptischen Satznamen folgende
Forderungen aufstellen:
1. Die Sätze sind, ihrer Entstehung nach, bei der Geburt des
Kindes, das den Namen erhält, gesprochen zu denken.
2. Als Sprechende ist die Mutter anzunehmen, soweit nicht
besondere Gründe eine andere Person (Hebamme, Vater) zu for-
dern scheinen.
3. Wo in den Sätzen also ein Pronomen der 1. Person auf tritt,
ist dieses stets auf den Namengeber (vor allem die Mutter) zu
beziehen.
1 Die ältesten Beispiele solcher Namen sind vielleicht die archaisch
klingenden Bildungen des AR wie h‘j .f-r‘ „möge Re erglänzen!“ (das griechische
Xe<ppy]v), oder h‘j .j-hwfw (etc) „möge Cheops (und andere Könige) erglänzen!‘
(265, 17), die auf Ausrufe bei Götter- bzw. Königsfesten zurückgehen könnten.
2 Es muß auffallen, daß entsprechende weibliche Bildungen mit* -msj.tj
nicht durch ein einziges Beispiel belegt sind. Ist meine Erklärung richtig, so
läßt sich das wohl nur so verstehen, daß Geburtsfeste von Göttinnen in Ägyp-
ten nicht gefeiert worden sind. Göttinnen werden bei den großen Festen der
Göttergeburt immer nur als Mütter eine Rolle gespielt haben.
Hermann Ranke:
direkten Beziehung auf den Geburtstag des Trägers ganz allein zu
stehen.
Ich glaube aber, wenn wir die eben genannten Festnamen rich-
tig deuten, wird diese scheinbare Lücke in der ägyptischen Namen-
gebung sich füllen. Sie bekommen alsbald einen lebendigen Sinn,
wenn wir annehmen, daß das so genannte Kind eben an dem Tage
des Festes zur Welt kam, für das dieser Ausruf charakteristisch war.
Die Mutter, glücklich über die überstandene Geburt, fühlt sich in
ihrer Wochenstube eins mit den draußen im Tempelbezirk feiern-
den Angehörigen. So stimmt sie aus der Ferne in ihren Festruf ein,
und dieser Ruf wird zum glückbringenden Namen des an solchem
Tage Geborenen1.
Auch die zahlreichen, aus einem Gottesnamen mit dem Zu-
satze -msj-(.w) „ist geboren worden“ bestehenden Männernamen2
gehören hierher wie etwa dhwtj-mJj(. w) „Thot ist geboren!“, das
griechische -8-out[xcog(,<;, oder hr(.w)-msj(.w) „Horus ist geboren“,
das uns keilschriftiich als häramassi überliefert ist. Sie geben den
Freudenruf am Geburtsfeste eines Gottes wieder und erinnern uns
aufs lebhafteste an das „Christ ist erstanden!“ bei der Osterfeier
der griechischen Kirche.
Nach dem bisher Ausgeführten möchte ich als vorläufigen
Grundsatz für die Übersetzung der ägyptischen Satznamen folgende
Forderungen aufstellen:
1. Die Sätze sind, ihrer Entstehung nach, bei der Geburt des
Kindes, das den Namen erhält, gesprochen zu denken.
2. Als Sprechende ist die Mutter anzunehmen, soweit nicht
besondere Gründe eine andere Person (Hebamme, Vater) zu for-
dern scheinen.
3. Wo in den Sätzen also ein Pronomen der 1. Person auf tritt,
ist dieses stets auf den Namengeber (vor allem die Mutter) zu
beziehen.
1 Die ältesten Beispiele solcher Namen sind vielleicht die archaisch
klingenden Bildungen des AR wie h‘j .f-r‘ „möge Re erglänzen!“ (das griechische
Xe<ppy]v), oder h‘j .j-hwfw (etc) „möge Cheops (und andere Könige) erglänzen!‘
(265, 17), die auf Ausrufe bei Götter- bzw. Königsfesten zurückgehen könnten.
2 Es muß auffallen, daß entsprechende weibliche Bildungen mit* -msj.tj
nicht durch ein einziges Beispiel belegt sind. Ist meine Erklärung richtig, so
läßt sich das wohl nur so verstehen, daß Geburtsfeste von Göttinnen in Ägyp-
ten nicht gefeiert worden sind. Göttinnen werden bei den großen Festen der
Göttergeburt immer nur als Mütter eine Rolle gespielt haben.