Zur Geschichte des Begriffs „Qomedie“ in Frankreich.
5
Lemaire de Beiges, „der erste humanistische Dichter Frankreichs1“
im Tempel der Venus „komische“ Sinnenlust, „lascivite comique“
in lyrischen Lieb es versen sich ausdrücken:
Facteurs, Rimeurs maint beau dictier recordent,
A la louenge et bruit de la Deesse,.
La ne voit on que gloir'e qui foisonne,
La se produit lascivite Comique,
Lyriques vers dont amours on blasonne . .2.
Nur die Vorstellung, daß die Gattung der Komödie einer niede-
ren Stilart angehörte, wirkt in mannigfachen und sonderbaren Ver-
gröberungen nach. Comoedia wird definiert als Carmen villanum de
vilibus et inanibus rebus compositum, villanus cantus vel villana laus3.
Auf den Spuren des Diomedes (des Grammatikers des 4. Jhs.)
etymologisierend aber kafn man — wie und mit welchem Recht,
kann hier übergangen werden — auf einen Zusammenhang von
comoedia (comicus) mit comedere, essen, und deutete Komödie dann
als carmen aptum comestioni, carmina quae in conviviis canuntur,
schließlich gar als „unnütz Gefrässe4“. Die Erklärung scheint im
Bewußtsein des Mittelalters ziemlich fest verwurzelt gewesen zu
sein. Im Passionsspiel des Arnoul Greban (1450) liest man z. B.:
Et prens mon plaisir et esbat
A avoir compaignie notable
Beuvant et mengeant ä ma table.
Pour ce je vueil ä cri publique
Publier la chere comique
Et tous les seigneurs du pays
Y convier.
Das heißt offenbar nicht, wie etwa im Wörterbuch von Gode-
froy zu lesen, ein Gelage, das Lachen auslöst, ein Gelage „qui
appartient ä la comedie, qui donne ä rire“, sondern eher ein Freßfest.
Die gelehrtenTheoretiker ihrerseits schrieben einer vom andern
ab, was antike und spätantike Autoren5 kodifiziert hatten. So etwa
1 Ph. A. Becker, Jean Lemaire, der erste humanistische Dichter Frank-
reichs. Straßburg 1893.
2 Becker, a. a. O., S. 183.
3 Cloetta, S. 47.
4 Cloetta, S. 47.
5 Cloetta, S. 18.
5
Lemaire de Beiges, „der erste humanistische Dichter Frankreichs1“
im Tempel der Venus „komische“ Sinnenlust, „lascivite comique“
in lyrischen Lieb es versen sich ausdrücken:
Facteurs, Rimeurs maint beau dictier recordent,
A la louenge et bruit de la Deesse,.
La ne voit on que gloir'e qui foisonne,
La se produit lascivite Comique,
Lyriques vers dont amours on blasonne . .2.
Nur die Vorstellung, daß die Gattung der Komödie einer niede-
ren Stilart angehörte, wirkt in mannigfachen und sonderbaren Ver-
gröberungen nach. Comoedia wird definiert als Carmen villanum de
vilibus et inanibus rebus compositum, villanus cantus vel villana laus3.
Auf den Spuren des Diomedes (des Grammatikers des 4. Jhs.)
etymologisierend aber kafn man — wie und mit welchem Recht,
kann hier übergangen werden — auf einen Zusammenhang von
comoedia (comicus) mit comedere, essen, und deutete Komödie dann
als carmen aptum comestioni, carmina quae in conviviis canuntur,
schließlich gar als „unnütz Gefrässe4“. Die Erklärung scheint im
Bewußtsein des Mittelalters ziemlich fest verwurzelt gewesen zu
sein. Im Passionsspiel des Arnoul Greban (1450) liest man z. B.:
Et prens mon plaisir et esbat
A avoir compaignie notable
Beuvant et mengeant ä ma table.
Pour ce je vueil ä cri publique
Publier la chere comique
Et tous les seigneurs du pays
Y convier.
Das heißt offenbar nicht, wie etwa im Wörterbuch von Gode-
froy zu lesen, ein Gelage, das Lachen auslöst, ein Gelage „qui
appartient ä la comedie, qui donne ä rire“, sondern eher ein Freßfest.
Die gelehrtenTheoretiker ihrerseits schrieben einer vom andern
ab, was antike und spätantike Autoren5 kodifiziert hatten. So etwa
1 Ph. A. Becker, Jean Lemaire, der erste humanistische Dichter Frank-
reichs. Straßburg 1893.
2 Becker, a. a. O., S. 183.
3 Cloetta, S. 47.
4 Cloetta, S. 47.
5 Cloetta, S. 18.