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Honecker, Martin; Johannes; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1937/38, 2. Abhandlung): Nikolaus von Cues und die griechische Sprache — Heidelberg, 1938

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https://doi.org/10.11588/diglit.41994#0052
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44

Martin Honecker:

4.
Grammatikalisches Wissen.

Eine Untersuchung der grammatikalischen Kenntnisse des
Cusaners ist nicht sehr ergiebig. Sie liefert folgende Resultate:
In die Flexionslehre gehört der richtige Gebrauch der Akku-
sativ-Formen θεόν (Nr. 12 und 42), λόγον (Nr. 28), νοΰν (Nr. 20),
φύσι,ν (Nr. 21) und ύλην (Nr. 22), wobei jedoch zu berücksichtigen
ist, daß die drei letztgenannten Formen (jeweils in lateinischer
Transskription) erst in einer späteren Abschrift auftreten. Bei man-
chen Wörtern zieht Nikolaus von Cues aber die latinisierte Wort-
form und deren Casus-Endung vor: theophaniam (Nr. 13), usiam
(Nr. 18), theosim (Nr. 14), hypostasim (Nr. 16), hypostasum\ (Nr. 16).
Freilich handelt es sich dabei um Termini, die schon längst in die
lateinische Fachsprache übergegangen waren. Ganz aus der Reihe
heraus fällt aber die merkwürdige Bildung theos für θεούς (Nr. 42).
Eine Latinisierung im eigentlichen Sinne kann nicht vorliegen.
Nikolaus von Cues scheint vielmehr der Ansicht gewesen zu sein,
die lateinische Endung treffe mit der griechischen zusammen129.
Das Gebiet der Syntax betreten wir mit einem Falle, in dem
Nicolaus Cusanus es merkwürdigerweise unterläßt, das vorkommende
griechische Wort ύλη in den vom Zusammenhang geforderten Casus
accusativus zu setzen:
45. ... dicimus materiam esse materiam, hyle esse hyle, nihil esse nihil. . .
De non aliud ·— Uebinger S. 181.
Richtiges und Falsches aus Flexionslehre und Syntax mischen
sich in einer Äußerung des Cusanus, die Vansteenberghe mit-
teilt130. Sie betrifft eine Stelle in Ephes. 3, 16 und bezieht sich
auf die dort vorkommende Lesart ,,in interiorem hominem“. Der
Paulustext lautet:

Ephes. 3, 14—16
. . . κάμπτω τά γόνατά μου προς τον Πα-
τέρα του κυρίου ήμών Ίησοΰ Χρίστου,
Έξ ού πάσα πάτριά έν ούρανοΐς καί
επί γης ονομάζεται,
"Ινα δ ύμΐν κατά τό πλούτος τής
δόξης αύτφΰ δυνάμει κραταιωθήναι διά
τοΰ πνεύμαοτς αύτοϋ εις τον εσω άνθρω-
πον. ο

Vulgata
. . . flecto genua mea ad Patrem
Domini nostri Jesu Christi,
Ex quo omnis paternitas in caelis
et in terra nominatur,
Ut det vobis secundum divitias
gloriae suae virtute corroborari per
Spiritum eius in interiorem hominem.

129 Wiederum muß darauf hingewiesen werden, daß Nicolaus Cusanus
die Hs. V2, in der diese Stelle steht, selbst durchgesehen hat; gerade in un-
mittelbarer Nähe des fraglichen Ausdrucks kann man Korrekturen von seiner
Hand feststellen (nach einer Mitteilung von Jos. Koch).
130 5 7 2 6, Anm. 3.
 
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