Omnis ecclesia Petri propinqua.
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nigfaltigkeit individueller menschlicher Kräfte beruht die Mannig-
faltigkeit der Heroenwirksamkeit. Den Ahn-Heros bittet man um
Kinder, denn die Zeugung war seine δύναμής69. Eine Amme konnte
es nicht ertragen, daß die Eltern sich über die Mißgestalt ihres
Kindes härmten. Was tut sie? Voll Vertrauen trägt sie das Kind
alle Tage in den Tempel der Helena zu Therapne, stellt sich dort
vor die Bildsäule der Helena und bittet sie, dem Kinde die Häßlich-
keit zu nehmen. Das Gebet der Amme geht in Erfüllung, Helena
erscheint, berührt den Kopf des Kindes, die Kraft strömt über, das
Kind wird die schönste Frau in Sparta70. Die schöne Helena be-
sitzt die δύναμής, schön zu machen, oder, wenn sie straft, häßlich
(z. B. blind), aber man wird nicht zu ihr gehen, wenn man Pferde-
rennen gewinnen will; das fällt nicht in ihr Ressort. In Athen ist
Theseus für alle Bedrängten ein starker Schirm und Schutz71; seine
δύναμις hatte den Minotaurus bezwungen. Herakles wurde von den
Athleten verehrt, die Tonarbeiter verehrten ihren Stammheros
Keramos, Prometheus spendet in Athen menschliche Kunstfertig-
keit, und Herakles wiederum als Löwenwürger und Erleger des
Ebers ist der Patron der Jäger72. Bekanntlich lebt diese indivi-
duelle Kräfteverteilung noch heute im katholischen Heiligenkult
und geht bis in die alte Kirchengeschichte zurück. An dem ver-
gessenen Grabe eines Heiligen in Theben regnet es plötzlich Pa-
stillen oder Bisquite von heilkräftiger Wirkung; wer kann das sein ?
Es muß ein Heiliger mit der δύναμής des Heilens sein — wirklich,
es ist Lukas, der Arzt, dessen Grab man wiedergefunden hat73.
Kranke, die sich gläubig den Gräbern der Ärzte Cosmas und Da-
mian nahten, fanden dort immer die Medizin, die sie brauchten74.
Der hl. Bartholomäus besitzt δύναμις für die Gerber, weil er im
Leben an der Haut geschunden wurde — er ist das christliche
Gegenstück zu Marsyas. Warum besitzt die hl. Anna δύναμις für
die Tischler ? Weil sie das erste Tabernakel darstellte, als sie Maria
unter dem Herzen trug75.
69 Beispiele bei Samter (s. u. S. 20, Anm. 85), 214.
70 Diese immer wieder erwähnte Erzählung hei Herodot YI, 61, Pau-
sanias III, 7, 7, Isokrates, Hel. laud. 6, 1.
71 Ohlert II, 11.
72 ib. II, 7. Zu Ileracles vgl. L. R. Farnell: „Greek Hero cults“, 1921,
■cp. 6: the functions of Heracles.
73 A. v. Harnack: „Medizinisches aus der ältesten Kirchengeschichte“,
18 92 , 39. 74 ib. 49.
76 Vgl. O. Clemek: „Die Volksfrömmigkeit des ausgehenden Mittel-
alters“, 1938.
2 Sitzungsberichte d. Heidelb. Akad. phil.-hist. Kl. 1937/3S. 3. Abh.
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nigfaltigkeit individueller menschlicher Kräfte beruht die Mannig-
faltigkeit der Heroenwirksamkeit. Den Ahn-Heros bittet man um
Kinder, denn die Zeugung war seine δύναμής69. Eine Amme konnte
es nicht ertragen, daß die Eltern sich über die Mißgestalt ihres
Kindes härmten. Was tut sie? Voll Vertrauen trägt sie das Kind
alle Tage in den Tempel der Helena zu Therapne, stellt sich dort
vor die Bildsäule der Helena und bittet sie, dem Kinde die Häßlich-
keit zu nehmen. Das Gebet der Amme geht in Erfüllung, Helena
erscheint, berührt den Kopf des Kindes, die Kraft strömt über, das
Kind wird die schönste Frau in Sparta70. Die schöne Helena be-
sitzt die δύναμής, schön zu machen, oder, wenn sie straft, häßlich
(z. B. blind), aber man wird nicht zu ihr gehen, wenn man Pferde-
rennen gewinnen will; das fällt nicht in ihr Ressort. In Athen ist
Theseus für alle Bedrängten ein starker Schirm und Schutz71; seine
δύναμις hatte den Minotaurus bezwungen. Herakles wurde von den
Athleten verehrt, die Tonarbeiter verehrten ihren Stammheros
Keramos, Prometheus spendet in Athen menschliche Kunstfertig-
keit, und Herakles wiederum als Löwenwürger und Erleger des
Ebers ist der Patron der Jäger72. Bekanntlich lebt diese indivi-
duelle Kräfteverteilung noch heute im katholischen Heiligenkult
und geht bis in die alte Kirchengeschichte zurück. An dem ver-
gessenen Grabe eines Heiligen in Theben regnet es plötzlich Pa-
stillen oder Bisquite von heilkräftiger Wirkung; wer kann das sein ?
Es muß ein Heiliger mit der δύναμής des Heilens sein — wirklich,
es ist Lukas, der Arzt, dessen Grab man wiedergefunden hat73.
Kranke, die sich gläubig den Gräbern der Ärzte Cosmas und Da-
mian nahten, fanden dort immer die Medizin, die sie brauchten74.
Der hl. Bartholomäus besitzt δύναμις für die Gerber, weil er im
Leben an der Haut geschunden wurde — er ist das christliche
Gegenstück zu Marsyas. Warum besitzt die hl. Anna δύναμις für
die Tischler ? Weil sie das erste Tabernakel darstellte, als sie Maria
unter dem Herzen trug75.
69 Beispiele bei Samter (s. u. S. 20, Anm. 85), 214.
70 Diese immer wieder erwähnte Erzählung hei Herodot YI, 61, Pau-
sanias III, 7, 7, Isokrates, Hel. laud. 6, 1.
71 Ohlert II, 11.
72 ib. II, 7. Zu Ileracles vgl. L. R. Farnell: „Greek Hero cults“, 1921,
■cp. 6: the functions of Heracles.
73 A. v. Harnack: „Medizinisches aus der ältesten Kirchengeschichte“,
18 92 , 39. 74 ib. 49.
76 Vgl. O. Clemek: „Die Volksfrömmigkeit des ausgehenden Mittel-
alters“, 1938.
2 Sitzungsberichte d. Heidelb. Akad. phil.-hist. Kl. 1937/3S. 3. Abh.