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Köhler, Walther; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1937/38, 3. Abhandlung): Omnis ecclesia Petri propinqua: Versuch einer religionsgeschichtlichen Deutung — Heidelberg, 1938

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https://doi.org/10.11588/diglit.41995#0025
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Omnis ecclesia Petri propinqua.

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ihr Repräsentant agiert115. Es kann aber auch ein Kollegium dar-
gestellt sein, dessen Vorsitzender heraustritt. U. Köhler deutete
eine VotivtafeJ aus der ersten Hälfte des 4. Jahrhunderts von der
Akropolis zu Athen auf das Beamtenkollegium der έπιμεληταί των
μυστηρίων, dessen αρχών βασιλεύς an der Spitze heraustritt. Diese
Deutung ist freilich neuerdings aufgegeben worden zugunsten der
anderen, daß es sich um das Kollegium der Militärärzte von Athen
handelt, die im 4. Jahrhundert an den Schlachten bei Lamia und
in Thessalien teilgenommen und die Verwundeten gepflegt hatten116.
An der Sache, daß es sich um eine Korporation handelt, wird da-
durch nichts geändert. Auf der beigegebenen Tafel 2 sind die
beiden vorantretenden Männer „vielleicht als έπιμεληταί eines
Bendisheiligtums anzusehen, wie der Euphyes und Dexios auf dem
Relief von Munychia“ (P. Hartwig: Bendis, 1897, 14). Auf einer
anderen Tafel tritt eine Schar von 18 Epheben, die πανδημεί gegen
den Feind ausgezogen waren, oder eine Sippe, vielleicht die Familie
zweier Brüder, hervor117. Immer ist die Gemeinschaft der Ver-
ehrenden deutlich, mitunter, z. B. in jenem athenischen Votivbild
und auf der dieser Untersuchung beigegebenen Tafel 2, durch Auf-
legen der Hand auf die Schulter des Vordermannes oder durch
Händereichen noch besonders zum Ausdruck gebracht118. In der
dieser Untersuchung beigegebenen Tafel aus Cumae, vom Anfang
des 4. Jahrhunderts119, tritt der pater familias deutlich heraus; man

115 Fustel de Coulanges 38, 102: „Le pere est le premier pres du
foyer ... il en est le pontife . . . il represente ä lui seul la serie des ancetres“.
105: „Gräce ä la religion domesüque la famille etait un petit corps organise,
une petite societe, qui avait son chef et son gouvernement.“ Vgl. H. Gutscher:
„Die attischen Grabschriften“, 1890. II, 13 Hinweis auf eine Inschrift, in der
der Vater den Verstorbenen als Heros der Familie aufstellte.
116 Mitteil, des deutschen Archäol. Institutes in Athen II, 1877, 243.
Die Funde von Antikythera. Mit erläut. Text von J. N. Svoronos, deutsch,
von W. Barth 1913, 247ff„ dazu Tafelband I, 1908, Tafel XXXVI, 2.
117 ib. Tafel LXX und XXXVII, Textband 434ff.
118 Vgl. Sittl 292.
119 Ich wähle dieses Bild, weil es besonders instruktiv ist. Die Sitte,
dem Heroen Votivreliefs darzubringen, erhielt sich in der ganzen späteren, der
hellenistischen und römischen Zeit (Furtwängler 38, vgl. 39 den Nachweis
eines Reliefs aus dem zweiten Jhd. n. Chr.). Wenn die Gruppen in späterer
Zeit auf den Reliefs sich auflcsen, so lösen sie sich natürlich damit nicht im
wirklichen Kultus auf, und bei dem knüpft Kallist an. Das Bild veranschau-
licht nur den Vorstellungskreis. Vor einem Mißverständnis ist zu warnen: die
ausgestreckte Hand des Heros bedeutet nicht etwa die überfließende Kraft-
 
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